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Die Mauer in Cremisan – Sicherheit als Entschuldigung für Landraub

Society of St. Yves, Katholisches Zentrum für Menschenrechte, erusalem

 

Januar 2013

Rund 450 Kinder – Jungen und Mädchen, Muslime und Christen aus den umliegenden Städten und Dörfern (Bethlehem, Beit Jala, Beit Sahour, Al-Walasjeh) erfreuen sich an den Hilfsdiensten, die von dem  Salesianer Schwesternkloster und der Schule in Cremisan ausgehen. Da das Kloster den Armen und Bedürftigen helfen will, nehmen sie nur geringes Schulgeld. Sie folgen der Pädagogik des Don Bosco-Schulsystems, wie es in 1500 Bildungseinrichtungen in aller Welt geschieht; sie lehren die Werte der Wahrheit, des gerechten Friedens und Ko-Existenz zwischen  verschiedenen Völkern und Religionen.

Das Kloster liegt am Rande von Beit Jala; ganz in seiner Nähe liegen ein paar Häuser, die zu Beit Jala gehören und das Salesianische Mönchskloster von Cremisan, das auch von der geplanten Mauer betroffen ist. Cremisan selbst liegt zwischen zwei illegalen israelischen Siedlungen Har Gilo und Gilo.

Das Nonnenkloster gibt es seit 1960 und schließt eine sich  entwickelnde Primarschule (jetzt bis 5. Klasse und jedes Jahr eine Klasse mehr), ein Kindergarten, eine Schule für Kinder mit Lernschwierigkeiten ein, als auch außerschulische Aktivitäten und drei Sommerlager für die Kinder.

Der Rechtsfall

2006 veröffentlichte der israelische Kommandeur der Westbank eine Militärorder, um Land für den Zweck zu nehmen, um einen Teil der (Apartheid)Mauer rund um Beit Jala  und die Siedlung Har Gilo-Siedlung zu bauen .

Entsprechend der Order als auch nach den Landkarten und detaillierten Plänen, die daran hängen, soll die Mauer auf eine der beiden vorgeschlagenen Routen gebaut werden. Beide Routen schaden dem Kloster und dem landwirtschaftlich bearbeiteten Land drum herum. Während der Anhörungen vor Gericht schlug die Armee eine 3. Route vor, die fast identisch ist mit der 1., wo die Mauer auf der 1. Terrasse des Olivenhains entlangläuft, der das Kloster umgibt, anstelle über der Schulmauer.

Seit 2006 sind die Salesianer Nonnen in Kontakt mit  israelischen Offiziellen gewesen, um ihre Position deutlich zu machen, dass sie die Mauer total zurückweisen. 2010 nachdem ihnen klar wurde, dass ihre Position vor dem Militärgericht von der Armee falsch dargestellt wurde, schlossen sie sich der Gerichtsberufung ihres Nachbarn gegen die Mauer an. Außer den Nonnen werden auch das Männerkloster und 54 hauptsächlich christliche Familien von dem geplanten Verlauf der Mauer beeinträchtigt.

Die vorgeschlagenen Verlaufsrouten

1.       Die Mauer wird auf Klosterland gebaut werden und lässt das Kloster und die Schule auf der palästinensischen Seite der Mauer. Als Folge davon wird das Kloster von seinem Land abgeschnitten; es wird einen Zugang dazu durch ein landwirtschaftliches Tor haben. Dies wird aber nur während gewisser Perioden im Jahr geöffnet haben. Die sechs (- 8m) hohe Mauer wird um den augenblicklichen Zaun des Schulgrundstückes laufen und die Aussicht blockieren und eine Art Gefängnisatmosphäre schaffen. Als weitere Konsequenz dieser Mauer ergibt sich, dass sie eine weitere  Erweiterung der Schule nicht zulässt und das Land für schulische Zwecke für Jahre blockiert sein wird, da die Nonnen 75% ihres Landes verlieren.

2.       Die Mauer wird vor dem Kloster verlaufen und wird den schulischen Bereich auf der israelischen Seite der Mauer lassen, während die Gemeinde, der es dient, auf der palästinensischen Seite liegt. Die Mauer wird  am Eingang des Grundstückes ein bewachtes Tor haben, das zu speziellen Zeiten, den Kindern, Lehrern und den Klostermitarbeitern den  Durchgang erlaubt. Alle müssen einen Antrag stellen, um durch das Tor in der Mauer in ihre Schule und zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. Die Eltern der Kinder haben schon klar gemacht, dass sie ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken, wenn sie ein vom Militär bewachtes Tor passieren müssen.

3.       Auswirkungen

Cremisan ist eine der letzten verbliebenen Erholungszonen im Bethlehemer Gebiet. Es wird von Leuten der ganzen Region für ihre Familien-Trips benützt – am Wochenende spielen die Kinder in den Olivenhainen und die Familien treffen sich, um Zeit in der Natur zu verbringen. Die lokalen Landbesitzer pflanzen Olivenbäume, Obstbäume und Weintrauben für den lokalen Cremisan-Wein im Tal an. Das Land ist gut kultiviert und die alten Terrassen sind gut gepflegt. Außer den praktischen Argumenten hat das Tal eine atemberaubende Schönheit. Nach dem Bau der israelischen Trennungsmauer wird das Tal von der Gemeinde abgeschnitten sein. Mehr als 50 hauptsächlich christliche Familien und zwei Salesianer Klöster werden ihr Land verlieren. Außerdem werden das Salesianer Schwestern Kloster und die Schule, die mehr als 450 Kinder der Umgebung betreuen, in einem Militärgebiet leben.

 

 A)  Nach dem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshof ist die Trennungsmauer im Allgemeinen im Gegensatz zum Internationalen Völkerrecht. Cremisan liegt hinter der Grünen Linie von 1967 und ist hauptsächlich privater Besitz, der palästinensischen Christen gehört. Nach Experten des Council for Peace and Security, einer Vereinigung hochrangiger israelischer Sicherheitsexperten, sei die jetzt geplante Route weder notwendig noch logisch, um den israelischen Sicherheitsbedürfnissen zu dienen. Der Hauptzweck der Mauer in Cremisan scheint die Annektierung von Land zu sein, um den Siedlungen Gilo und Har Gilo die Möglichkeit der Erweiterung zu geben.

B )  Das Recht auf Bildung ist ein grundsätzliches Menschenrecht. Der geplante Mauerverlauf setzt der Bildungsarbeit der Salesianer in Cremisan ein Ende. Die Schule wird von schwerer militärischer Präsenz umgeben sein, was die Schule  - deren Motto „Brücken statt Mauern“ ist – in ein Gefängnis verwandeln wird. 450 Kinder- Mädchen und Jungs, Muslims und Christen vor allem aus armen Familien – werden entweder von der militärischen Präsenz gefährdet sein oder müssen die Schule verlassen.

C)   Hauptsächlich christliches Land zu konfiszieren, ist ein Angriff auf eine religiöse Minderheit, was besonders vom Internationalen Völkerrecht verboten ist. Staaten sollten die Existenz  der Minderheiten schützen und nicht ihr Land und ihre Ressourcen konfiszieren; da dies sie zur Auswanderung, ins Exil  zwingt und vertreibt. Auch wenn die Emigration ein normaler Prozess in allen Nationen ist, so ist die christliche Emigration aus den Heiligen Land eine Besonderheit. Die Auswanderung aus solch kleiner Gemeinde stellt eine der größeren Einschränkungen dar, die das Bevölkerungswachstum beeinflussen und die zukünftige Existenz der Christen im Heiligen Land gefährden.

 

(dt. Ellen Rohlfs)