Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Merav Michaeli,
Haaretz, 2.1.12
Wenn man in diesen Tagen
durch die Zeitungen geht, hat man das Gefühl eines déjà vue
Als wären wir wieder im
Jahre 2002, als die Saudi-arabische Initiative das erste Mal vorgestellt wurde:
alle arabischen Staaten bieten Israel „ im Kontext des Friedens“ die völlige
Normalisierung in ihren Beziehungen an – für einen unabhängigen
palästinensischen Staat innerhalb der Grenzen von 1967 und einer gerechten
Lösung des Flüchtlingsproblems.
Eine erstaunliche
historische Initiative – und
anscheinend Israels größter Traum und sein vollkommener Triumph. Aber Israel
antwortet nicht einmal und tut so, als hätte es diese Initiative nie gegeben.
2007 wurde die
Saudi-Initiative noch einmal von
der arabischen Liga empfohlen – und wieder kein einziges Wort der Antwort.. Die
Initiative wurde sogar von der Organisation der Islamischen Konferenz
ratifiziert; aber von Israel kam nichts.
Es dachte nicht einmal daran, in Verhandlungen zu treten.
Die Sache ist die, dass
nicht nur die Regierung vollkommene Nichtbeachtung zeigte. Die israelischen
Medien, erschreckend institutionalisiert, wie sie es immer waren – ignorierten
die Saudi-Initiative auch fast vollkommen. Tatsächlich wurde
die Initiative so ignoriert,
dass dem größten Teil der israelischen Bürger – ja, euch allen – die Existenz
der Initiative und ihr historischer revolutionärer Inhalt nicht bewusst war. Und
selbst die, die sie wahrnahmen, dachten sich: wenn sie so übersehen wird, dann
ist sie wirklich unbedeutend und dann bin ich es wohl, die sie nicht versteht.
Und jetzt
geschieht es noch einmal: Hamas will von Terrorakten ablassen und
entschied sich für einen Volksaufstand, will einen palästinensischen Staat in
den Grenzen von 1967 anerkennen und sich der PLO anschließen, die Organisation,
die ermächtigt ist, Verhandlungen mit Israel durchzuführen. Sie sagen es nicht
so direkt, aber sich der PLO anschließen, bedeutet, dass sie die mit Israel
unterzeichneten Abkommen und
Israel anerkennt als auch die Verantwortung und Partnerschaft bei
politischen Entscheidungen.
…..
Statt unsere Aufmerksamkeit
auf die neue Gelegenheit zu lenken, fahren die Medien und die Politiker fort,
uns mit ihrem obsessiven Schwelgen
um den gelben Stern abzulenken.
Noch einmal Holocaust, und noch
einmal und wieder und wieder. Warum dem eine Chance
geben, das uns von der
Opferrolle ablenkt ? …
Und inzwischen sprießen im
Bibi-Land die neuen Siedlungen hoch
und Außenposten werden genehmigt; und Minister Yisrael Katz treibt schnell den
Bau der Straßenbahn und die israel. Souveränität von Ariel bis zur
Tapuach-Kreuzung voran, um den Tod
der Zwei-Staatenlösung abzusichern. Die israelische Regierung will ja
keinen Frieden; das ist nichts Neues; sie hat dies seit der Errichtung
des Staates bewiesen.
Aber die Öffentlichkeit
wünscht für sich Frieden. Die
Öffentlichkeit wünscht tatsächlich ein Abkommen. Aber die Öffentlichkeit hat –
wie gewöhnlich – die Nase voll. Wer kümmert sich darum? Schließlich gibt es
keine Terrorakte mehr, wir sehen also keine Palästinenser mehr, nicht einmal im
Fernsehen. Wir sehen auch die Siedlungen nicht mehr. Wer kann sich noch an die
Besonderheiten von Migron und Ramat Gilad erinnern, wenn die
Lebenshaltungskosten einen so hart bedrücken?
Aber wenn die Öffentlichkeit eines Tages aufwachen wird und wissen will, wie sie von ihrer Regierung so ausgenützt wurde, wie es weiter an die bemannten Checkpoints geschickt wird und Söhne unter dem Vorwand verliert, dass es keinen Partner gibt, mit dem um Frieden verhandelt werden könne, obwohl es tatsächlich einen gibt. Es lohnt sich genau, an diese Tage zurück zu denken. Hier ist eine weitere Gelegenheit, die genau vor uns lockt, direkt unter unsern Nasen, aber unsere Nasen sind voller Gestank von politischer und sozialer Fäulnis, die sich mit jedem vorübergehenden Tag mehrt.
(dt. und gekürzt: Ellen
Rohlfs)