Jesse
Hochheimer, http://acrosstheborderline.wordpress.com/2009/04/02/ezra-nawi-the-face-of-israel-human-rights-activism/
Wenn
es jemanden gibt, der die Bemühungen israelischer Aktivisten für Ko-Existenz
und Menschenrechte repräsentiert, dann würde dies Ezra Nawi
sein. Dem Beruf nach ein Installateur ist Ezra ein
Jude aus dem Irak. Er war immer – seit
seiner Kindheit - mit fortschrittlichen
Dingen und Politik beschäftigt. Etwa
1999 begann Ezra, sich
mit Energie und Leidenschaft den Menschenrechten in den
palästinensischen Gebieten zu widmen.
Für
mich ist Ezra eine warmherzige und
großzügige Person. Einen Neuling begrüßt
er herzlich und schenkt ihm
Aufmerksamkeit und Respekt. Selbst in den schwierigsten Situationen verliert
Ezra seinen Humor nicht und beruhigt
andere. Eine vor kurzem erschienene Dokumentation „Bürger Nawi“
beschreibt , wie er sich leidenschaftlich den Menschen
widmet.
Vor
kurzem wurde Ezra angeklagt, er habe einen Soldaten angegriffen, was von denen
zurückgewiesen wurde, die ihn kennen. Er wartet im Augenblick auf eine
Gefängnisstrafe im Juli.
Ich
habe ein paar erfahrene Aktivisten eingeladen, dass sie von ihre Erfahrungen
mit Ezra berichten und von seiner bedeutenden Rolle unter israelischen
Menschenrechtsaktivisten. Am Ende sind ein paar Gedanken von Ezra selbst, die er mir gesagt hat.
David
Shulman ( Renee
Lang-Professor für Humanistische Studien, Hebräische Universität,
Jerusalem, Autor von „Dark Hope: Working
for Peace in Israel und Palestine“)
Ezra
Nawi ist wahrscheinlich die mutigste Person, der ich
je begegnet bin. Ich hab ihn in unzähligen Augenblicken gesehen, wenn er und
andere Friedensaktivisten, Palästinenser und Israelis, von Siedlern gewalttätig
angegriffen wurde. Seine Geistesgegenwart, seine
Unerschütterlichkeit und seine Klarheit halfen uns immer, in solchen Zeiten
durchzuhalten. Er ist einer der ungewöhnlichsten Menschen – eine Person von
tiefer innerer Behutsamkeit und moralischen Prinzipien, selbstlos und kreativ,
wenn es darum geht, Wege zu finden, um palästinensischen Hirten und Bauern in
den südlichen Hebroner Bergen zu helfen. Es ist vor
allem Ezras unermüdlichen Bemühungen zu verdanken, dass
diese Leute noch immer auf ihrem Land leben trotz der ständigen Bemühungen des
israelischen Staates, der Armee, der Polizei und den randalierenden Siedlern,
diese zu enteignen. Ezra engagiert sich
total mit gewaltlosem Protest nach Gandhi-Art; er ist eine inspirierende Kraft
zur Güte und ein Grund, nicht die
Hoffnung in das menschliche Vermögen, das Richtige zu tun, zu verlieren. Aber ich will nicht den Eindruck geben, dass er
eine Art Heiliger ist: er steht mit
beiden Füßen auf der Erde und kann auch sehr zornig werden und seine Verachtung
für die ( tatsächlich verachtenswerten) Soldaten,
Siedler und Polizisten, die das Leben der Palästinenser dort in den Bergen zur
lebenden Hölle machen, verbal kräftig ausdrücken. Obwohl ich eine Abneigung
gegen „Helden“ habe und Heldenverehrung verabscheue, egal wo ich ihr begegne,
so muss ich sagen, dass in meinen Augen
und nach meiner Erfahrung, Ezra Nawi heldenhaft ist
in des Wortes tiefster Bedeutung – im Sinne eines gewöhnlichen Menschen, der
sich selbst Risiken, ja, großen Risiken aussetzt, um das zu tun, was richtig
ist im Dienst derjenigen, die leiden und unterdrückt werden und in Not sind.
Anat Risenwaks (Taayush-Aktivist seit 2001)
Seit Wochen überlegte ich, was ich schreiben soll.
Wo soll ich anfangen. Es muss so viel über Ezra gesagt werden, aber es ist
schwierig, es denen zu vermitteln, die ihm nie begegnet sind. Warum hat eine
Gruppe so verschiedener Leute sich so sehr darum bemüht, seine Verhaftung zu verhindern?
Ich
erinnere mich daran, als sich Ezra der Ta’ayushgruppe
anschloss. Jeder sprach über den Jerusalemer Installateur – es ist kein
gewöhnlicher Aktivist. Einmalig in seiner Erscheinung ( er
trug immer einen interessanten Hut), Ezra
ist charmant, charismatisch und
voll engagiert, was die Menschenrechte betrifft und politisch aktiv.
Vor
kurzem, am Vorabend des Feiertages Shavuots war keine
„offizielle“ Aktion in der Gegend der Südhebroner Berge oder an irgendeinem Ort in der Westbank.
Die meisten Leute in Israel ruhten sich aus oder bereiteten sich für den
Feiertag vor. Aber Ezra war – wie üblich – in Tuba, einem kleinen Dorf in den Südhebroner Hügel
nahe dem illegalen Außenposten Maon. Ein paar Tage früher war eine junge Frau aus dem Dorf
auf die Unfallstation in Jerusalem gebracht worden. Ezra, der die Familie seit
Jahren betreut, holte sie und ihren Vater vom Checkpoint und beherbergte ihren Vater zwei Tage in seiner
Wohnung. Ezra fuhr sie dann auch zurück zu ihrem Haus, als sie entlassen worden
war.
Für
viele Familien in der Hebroner Gegend ist Ezra der
erste, den man ruft, wenn man Probleme hat. Er steht immer zur Verfügung, er
ist zu fast jeder Tageszeit bereit zu helfen. Er spricht fließend arabisch und
zögert nie, schnell in seinen Wagen zu steigen und dorthin zu fahren, wo er gerade
gebraucht wird. Er macht
Telefongespräche „mit der halben Welt“ wenn es darum geht, jemandem zu
helfen, der an einem Checkpoint fest sitzt.
Die
Ta’ayush-Tätigkeiten
haben sich unglaublich verändert, seitdem Ezra sich uns angeschlossen
hat, und sein Einfluss auf die Verbesserungen der Situation im Südhebroner Gebiet
sind enorm. Ohne ihn würden keiner
der internationalen Aktivisten ständig
in einem der Dörfer bleiben . Ohne Ezra müssten die
Schulkinder von Tuba noch immer einen großen Umweg auf dem Weg zur Schule
machen, um den Weg nahe an den
gewalttätigen Siedlern zu vermeiden. Ohne Ezra hätten die Bauern von Gawawis, einem kleinen Dorf, das von Siedlern besetzt war,
nicht auf ihr Land zurückkehren können. Ohne Ezra würden die Leute von Tuwane weiterhin von
den Siedlern des Maon-Außenposten jede Freitagnacht angegriffen und keinen Zugang zu einem großen Teil ihres
eigenen Landes.
Ezra
ist in jeder palästinensischen Stadt und jedem Dorf willkommen und als Folge davon bei der Polizei und der Armee nicht willkommen. Sie versuchen seine Aktivität auf jede mögliche
Weise zu stoppen, indem sie ihn schon
viele Male verhafteten, seinen Wagen und seine Wohnung durchsuchten. Sie
versuchen, ihm Angst zu machen und sagen ihm , dass
die Siedler sehr ärgerlich auf ihn sind und ihm Schaden zufügen wollen.
Und
jetzt ist er auf Grund von falschen Anklagen verurteilt worden. Seine Aussage
stand gegen die von zwei Polizisten.
Ich
hoffe, Ezra muss nicht ins Gefängnis. Doch wenn er dies muss, so wird er seine Aktivitäten nicht
stoppen. Dies wird ihn nicht brechen. Er ist stark und hat die Unterstützung
all seiner Freunde in Israel, Palästina und
in aller Welt.
Amiel Vardi ( Professor an der Hebräischen Uni, Jerusalem)
Einer
der Hauptgründe, warum Ezra eine so wichtige Person ist, ist seine
Persönlichkeit. Ich meine , er ist eine leichte Beute
für seine Kritiker, da er irakischen Ursprungs ist und von Beruf ( nur) ein
Installateur. Die meisten von uns Aktivisten kommen aus gut situierten Jobs. Er
ist deshalb verletzlicher und natürlich
macht ihn seine eingestandene
Homosexualität besonders verletzlich. Sie wird auch gegen ihn benützt. So von
den Siedlern und auch immer wieder von
der Polizei.
Dies
macht Esra zu einem speziellen Fall. Das andere ist, dass Ezra der einzige von
uns ist, der auf täglicher Basis
wirklich gute Beziehungen zu den Palästinensern hat. Es ist nicht nur, dass er
die Sprache beherrscht, was in diesem
Fall natürlich großartig ist; er kennt auch ihre Gewohnheiten und versteht, was
hinter den Worten steckt. Er kennt sie wirklich und bekommt so ihre Anerkennung. Sie vertrauen
ihm, wie sie keinem von uns vertrauen. Deshalb ist er der beste Aktivist, den
ich kenne.
Oft
streiten wir uns über Dinge, wie sie getan werden sollten. Manchmal haben wir
recht und er unrecht, aber sehr oft ist seine Intuition viel besser als unsere,
weil er einfach die Palästinenser viel besser versteht. Ich kann mir keine
Aktion in der ganzen Region südlich von
Jerusalem ohne Ezra denken. Das trifft
nicht nur für Taayush zu, sondern für alle
Organisationen, die Ärzte für Menschenrechte, die Rabbiner für Menschenrechte, Yesh Din … alle hängen von Ezra ab. Deshalb ist für uns
Ezra im Moment – wo er verhaftet wurde
-- so wichtig.
Ezra
mit eigenen Worten:
„Wenn
man sieht, was hier vor sich geht, muss man sich einmischen.“ Er glaubt,
dass wenn den Leuten hier klar ist wie
hoch der Preis und wie schlimm das Leid ist, das von Israels Aktionen in den
(besetzten) Gebieten herrührt, dann würden sie
eine Veränderung des Status quo wollen. Er sagt, dass ein großes Problem der Besatzung von den
weniger sichtbaren Dingen herrühren. Z. B. die Entmenschlichung der
Araber und das Anwachsen des
israelischen Nationalismus.“
Ezra
erklärt, Juden seien Führer in Befreiungs- und
Menschenrechtsbewegungen in aller Welt gewesen, in Russland, im Irak, in der Apartheid Südafrika und in den USA.
Wie kommt es, dass hier (in Israel) so wenig sind?
„Trotz
der Rückschläge und obwohl die Chancen
zur Zeit sehr schlecht stehen,“ sagt Ezra, „gibt es
keinen Grund, deprimiert zu sein oder über die Situation beschämt zu sein. Nur
die Leute, die nichts tun, sollten sich
in dieser Weise fühlen…
(dt.
und geringfügig gekürzt: Ellen Rohlfs)