Israel
Palästina Nahost Konflikt Infos
Die Neue Israel Lobby
James Traub, 9.September 2009
http://www.nytimes.com/2009/09/13/magazin/13Jstreet-t.html?_r=1&eme=eta1
Im
Juli traf sich Präsident Obama für 45 Minuten
mit den Führern amerikanisch jüdischer Organisationen. Alle Präsidenten treffen
sich mit Israels Befürwortern. Obama jedoch hat sich
Zeit gelassen und verantwortliche Leute der jüdischen Gemeinschaft brummten; Obamas Kühle schien ein Teil seiner Bereitschaft zu sein,
Israel öffentlich unter Druck zu setzen, um den Siedlungsbau einzufrieren. Das
Elend der Palästinenser hat ihm anscheinend auch besondere Sorge bereitet.
Während des Julitreffens, das im Roosevelt-Raum stattfand, erzählte Malcolm Hoenlein, der Exekutivdirektor der Konferenz der
Präsidenten der größeren amerikanischen-jüdischen Organisationen, dass die
„allgemeine Missstimmung zwischen Israel und den USA für keinen günstig ist“
und dass Differenzen direkt mit den beiden Parteien behandelt werden sollten. Der
Präsident – so Hoenlein - lehnte sich in seinem Sessel zurück und sagte: „Damit bin
ich nicht einverstanden. Wir hatten acht Jahre lang kein Licht (zwischen George
Bush und den auf einander folgenden israelischen Regierungen
) „ und keinen Fortschritt.“
Man
kann sicher sagen, dass wenigstens ein Teilnehmer des Treffens sich über diesen Austausch freute: Yeremy
Ben-Ami, der Gründer und Vorsitzende der
J street (Jewish street), eine ein Jahr alte Lobbygruppe mit progressiven
Ansichten über Israel. Einige der jüd.
Mainstream-Gruppen protestieren heftig gegen die Entscheidung des Weißen
Hauses, die J Street einzuladen, die sie als marginale Organisation ansehen und
die jenseits des Konsens stünden, den sie zu
verteidigen versuchen. Aber J Street teilt die Agenda der Obama-Regierung.
Die Einladung wurde nicht zurückgenommen. Ben-Ami sagte bei dem Treffen kein Wort – er war sich
bewusst, dass J Street einen Außenseiterstatus hat. Aber nachher wurde er
ausführlich in der Presse zitiert, was die Mainstream-Gruppen sehr ärgerte.
J Street akzeptiert die „allgemeine Harmonie“-Regel genau wie Obama nicht mehr. Bei einem Gespräch vor einem Monat vor der Sitzung im Weißen Haus erklärte mir
Ben-Ami: „Wir versuchen neu zu definieren, was es heißt, pro-Israel zu sein.
Man muss nicht unkritisch sein. Man muss nicht die Parteilinie adoptieren . Es ist nicht unsere Meinung: „Israel, right or wrong“
Es
scheint ein großes Interesse für J Street zu geben. Während des letzten Jahres
hat sich das Budget von J Street auf drei Millionen Dollars verdoppelt; die
Verantwortlichen haben sich auf Sechs verdoppelt. Doch noch ist sie winzig,
verglichen mit der AIPAC, deren Lobby- Fähigkeiten eine Washington-Legende ist. J Street ist im
Internet präsent, verschickt e-mail-Botschaften en masse …aber sie kam genau im richtigen Augenblick; denn
Präsident Obama entschied sich – anders als seine Vorgänger – sich von Anfang an für ein
Nahostfriedensabkommen zu engagieren.
Er ernannte George Mitchell zu seinem Unterhändler, und Mitchell versucht, von
Israel, den Palästinensern und den arabischen Staaten schmerzhafte Konzessionen
zu bekommen . Im Falle Israel bedeutet dies das Einfrieren des Siedlungsbaus und die
Akzeptanz einer Zwei-Staaten-Lösung. Obama benötigt
den politischen Raum (?) zu Hause ..Er benötigt den
Kongress, um Ministerpräsident Netanyahus Appellen gegenüber standhaft zu
bleiben. Was diese Probleme betrifft, die ein großes Dilemma für die Mainstreamgruppen darstellen, weiß J-Street genau, wo sie
steht. Ben Ami sagte zu mir: „Punkt eins auf unserer Agenda ist, alles im
Kongress zu tun, was wir können, um den Präsidenten zu unterstützen.“
Der
Gedanke, dass es eine „Israel Lobby“ mit einer doppelten Loyalität gibt, ist
eine kontroverse Vorstellung. Doch die
gibt es mindestens schon seit den frühen
70ern, doch wurde dies erst zu einem wichtigen Gesprächsthema,
nachdem 2006 ein berüchtigter Artikel in
The London Review of Books von den Politikwissenschaftlern Mearsheimer und Walt erschienen war. Der Artikel, der
inzwischen zu einem Buch wurde, machte viele Leser durch seine
Verschwörungsatmosphäre wütend; durch sein Bestehen darauf, dass jüdische
Neokonservative Präsident Bush überzeugt hätten, den Krieg gegen den Irak zu
beginnen, um Israel zu schützen; durch die scheinbare Ignoranz der Autoren von
dem tiefen Gefühl der Identifizierung vieler Amerikaner – jüdische und andere –
mit Israel. Aber die Autoren stellten
auch eine Behauptung auf, die viele kenntnisreiche Leute bis ins Mark traf: der
Israel-Lobby war es gelungen, fast jede Kritik an Israel auszuschließen,
besonders im Kongress.
Das
Entscheidende ist, dass AIPAC, ein de facto-Agent einer ausländischen Regierung, den Kongress
im Würgegriff hat und zwar mit dem Ergebnis, dass die US-Politik dort nicht
debattiert wird, obwohl diese Politik so wichtige Konsequenzen für die ganze Welt hat,“ schreiben Mearsheimer und Walt. Sie schreiben auch, dass es AIPAC und
anderen Gruppen gelingt, hohe Vertreter mit pro-Israel-Einstellung zu wichtigen
Positionen zu verhelfen. Das ist
natürlich genau das, was effektive Lobbys tun. Die Cuba-Lobby z.B. operierte in
genau derselben Weise. Aber Israel ist viel bedeutender als Kuba für amerikanische nationale Sicherheitsinteressen . Kein Land – ob Israel oder Kuba - hat identische Interessen mit denen der USA
…
George
W. Bush teilte die Ansichten der Mainstreamgruppen
über Israel, Palästina, den Iran und die Bedrohung durch islamischen
Extremismus. AIPAC und andere Gruppen fanden wenig an ihm zu kritisieren,
der - anders als Bill Clinton - nicht
glaubte, Jerusalem drängen zu müssen, ernsthafte Kompromisse zu machen, um
Frieden zu erlangen. Präsident Bush war nach dieser Ansicht der beste
Präsident, den sich Israels Likudführung und die jüdischen Mainstream –Gruppen wünschen
konnten.
Und
es war genau dieser Erfolg, als der „Würgegriff“ sich zu lockern begann, wie
ihn Mearsheimer und Walt beschrieben. Martin Indyk, ein früherer US-Botschafter in Israel, drückt es so aus: „In den Bush-Jahren, als
sich Israel quasi vieler Blanko Schecks erfreute, fragten sich immer mehr Leute
in der jüdischen und pro-Israel-Gemeinde, ob dies wirklich der beste
US-Präsident war, den Israel je hatte. Wie kommt es, dass sich Israels Umstände
so schnell zu verschlechtern scheinen?“ Warum wurde Israel diplomatisch
immer mehr isoliert? Warum hat Israel
einen brutalen und scheinbar vergeblichen Krieg gegen die Hisbollah im Libanon
gekämpft? Warum gewann die islamistische HAMAS die Oberhand über die moderate
Fatah in Palästina? …“Ob ein Blanco Scheck für Israel wirklich der beste Weg
ist seine Langlebigkeit für den
jüdischen Staat abzusichern“, fragt Indyk.
James
Traub wirkt als Schriftsteller am Magazin mit. Er ist Autor des kürzlich
erschienenen „The Freedom Agenda“
(dt.
und gekürzt: Ellen Rohlfs)