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Die US-Abrissbirne zerdrückt die Hoffnungen der israelischen Führung

 

Yossi Sucary, Haaretz, 2009.06.10

 

Es scheint, als ob der Terminus „Geist“ sich niemals mehr widersprochen hat, als er es  Dienstagabend in Jerusalem tat: Statt ein abstraktes Konzept zu bleiben, losgelöst von der materiellen Welt, nahm er eine Form an, die handfester ist als gegossenes Blei.

Es war nicht der amerikanische Geist, der in den Korridoren des Außenministeriums während des  Besuches des US-Botschafters George Mitchell wehte, sondern eine massive Abrissbirne, die die neue US-Regierung erzeugt, war im Gange.

Jedes Mal wenn sie in Richtung des Außenministers Avigdor Lieberman ging, gelang es ihm, ihr auszuweichen – manche könnten sogar sagen „geschickt“ auszuweichen. Um dies zu tun , musste er seine politischen Überzeugungen hinter sich lassen. Die Abrissbirne schonte sie nicht.  Sie zermalmte sie immer wieder.

 

Aber in einer Hinsicht war die amerikanische Abrissbirne gnädig mit Liebermans Ansichten: sie ließ sie nicht alleine dort liegen. Sie legte sie zusammen mit dem Rest von Israels traditioneller Politik und den Aspirationen der Führung in ein Massengrab.

Jeder konnte mit einen Blick auf Mitchells Gesicht sehen, dass das alte Spiel zu Ende ist. Wir sind am Beginn eines neuen Spiels, in dem Israel nicht länger mehr die Regeln nach eigenem Gutdünken brechen wird. Es kann ab jetzt die Bälle nur  mehr nur unter sich zuwerfen und die Uhr unendlich ablaufen lassen.

 

Dies ist eher ein Spiel, wo der Mann in Schwarz jetzt als wahrer Schiedsrichter fungiert, statt so zu tun, als wäre er ein Spieler in einem der Teams.

Aber noch etwas anderes wurde in der letzten Nacht deutlich: Die Araber werden dank der neuen  US-Haltung gegenüber Israel nicht mehr bequem herumliegen. Eine Person, die zu lange nur geglotzt hat, wird passiv und Passivität ist eine der größten Feinde der neuen US-Regierung. Araber müssen deshalb  jetzt handeln.

Sie müssen dafür sorgen, dass in den Schulen die anti-israelische Hetze verschwindet, auch die jüdischen Stereotypen, die politische Passivität, Varianten von Antisemitismus, die verschiedenen Formen der Holocaustleugnung.

Die Antwort der offiziellen Regierungssprecherin auf den Besuch des US-Botschafters war von besonderem Interesse: Sie betonte wiederholt Amerikas Engagement für Israels Sicherheit.

Sie wiederholte dies so oft, dass man sogar aus dem Ton  ihrer Stimme heraushören konnte, dass sie etwas zu verbergen versuchte. Zu ihren Gunsten muss gesagt werden, dass sie nicht sicher war, was sie zu verbergen versuchte. Tatsächlich war es  das Schweigen oder mehr noch die Möglichkeit eines Schalls, den Schall der US-Macht, den sie zu verbergen versuchte.

 

Aus ranghoher Regierungsquelle vernahm man am Dienstag: „Glaub mir, wir wissen nicht, was die Amerikaner vor haben. Sie lassen sich nicht in die Karten schauen. Wir wissen wirklich nicht, wie sie die Kluft zwischen unserer Position und der unsrigen überbrücken wollen. Wir haben keine Ahnung.“

 

Yossi Sucary, der 1959 in Ramat Gan geboren wurde, lehrt augenblicklich am Tel Aviver Kolleg für Management, der Bezalel-Akademie für Kunst und Design und am Minshar Kolleg. Er hat drei Novellen veröffentlicht, einige sind im Universitätsliteratur-Currikulum. Sein letztes Buch („Romantisch unkorrekt“) kam dieses Jahr heraus.