Brief an Obama von Edna
Canetti, Machsom Watch, am
6.11.08
Obama, mein Lieber, man sagt hier, dass du die Welt verändern willst.
Tu mir einen Gefallen: komm und
verändere mein persönliches Leben.
Komm
nach Israel, packe seine dumme Führerschaft an der Gurgel und nimm seinen Fuß
vom Nacken eines anderen Volkes. Komm und zwinge uns, das zu tun, was klar ist
und geschrieben und angebracht und notwendig – kommt und hol uns aus den
besetzten Gebieten heraus, wenn nötig, tu es mit einem Lächeln, das die
Millionen Dollar Zähne zeigt. Wenn nötig fletsche deine Zähne und zwinge uns,
dies zu tun.
Mach
es so, dass ich morgens nicht so früh aufstehen muss - was ich wirklich hasse –
um zu den Kontrollpunkten zu gehen, um dort zu beobachten und zu weinen. Mach
es so, dass ich keine 19jährigen Kinder sehen muss, die man glauben gemacht
hat, sie
verteidigen ihre Heimat, wenn Sie ihre Waffen auf fünfjährige Kinder richten.
Mach
es so, dass – während meine Töchter eine halbe Stunde duschen – ich nicht an
die Ayad-Familie in Awarta
denken muss, die unter jedes Becken Eimer stellt, um das Wasser noch einmal zu
benützen, weil es kostbarer als Gold ist. Weil die Siedlungen das Wasser
angeblich nötiger brauchen als die Palästinenser.
Mach
es so, dass ich – wenn ich in einem Verkehrsstau stecke – nicht an die riesige
Zahl der Autos denke, die vor Tul Karem warten, weil
jedes einzelne von Soldaten und Hunden
kontrolliert wird, weil es eine Warnung gab, dass Tul
Karem in die Luft gejagt werden soll.
Mach
es so, dass ich – wenn meine Schwester schnell mit Rotlicht zur Geburt ihres Kindes ins Krankenhaus gefahren wird –
ich nicht an die in Wehen befindlichen Frauen
oder die Herzkranken und Verletzten denken muss, die vor Nablus
angehalten werden, weil ihr Fahrzeug keinen Passierschein haben.
Mach
es so, dass ich – wenn ich auf der
Straße einen Soldaten in Uniform sehe – mich nicht fragen muss, was er die
letzte Nacht getan hat: welches Haus er mit spezieller Prozedur * betreten,
welchen Jungen er in den Gassen von Hawara geschlagen
hat, weil er in falscher Weise lächelte.
Mach
es so, dass ich – wenn ich morgens den Nachrichtensprecher höre – nicht seine
Befriedigung heraushöre, wenn er von den sechs durch die IDF getöteten
Terroristen berichtet.
Obama, mein Lieber, in diesem Herbst ging ich nicht zur Olivenernte.
Ich arbeitete nicht draußen. Ich möchte nicht unter schlechtem Gewissen leiden,
weil ich nicht genug tue, dass ich mein eigenes Leben lebe, meine Karriere im
Blick habe, während für das andere Volk
alleine das sichere Nach-Hause-kommen
schon wie eine Karriere ist.
Bitte,
befreie mich von diesem Schmerz, den ich ständig tief in mir spüre. Er lässt mich nicht los. Ich
kann mich nicht mehr über mein Leben,
meine Kinder und Freunde freuen, weil ich in Gedanken bei dem Hirten in Baqa bin, der dort vor dem verschlossenen Tor steht und vor
Kälte zittert, weil der Rothaarige (Soldat) mit dem Schlüssel nicht kommt, oder
bei dem gefesselten Jungen mit den verbundenen Augen oder an das dreijährige
Mädchen, das vom engen Drehkreuz am Kontrollpunkt einen Schlag auf den Kopf
erhielt oder an die Erdwälle und
Betonklötze, die als Straßensperren das Leben so vieler Leute unmöglich machen.
Komm,
Obama, komme und rette uns vor uns selbst.
Und
wenn es stimmt, was man sagt, dass Du kein Freund Israels bist, dann sei kein
Freund. Wir hatten schon Freunde, die
uns mit Waffen versorgten und jeden Horror, den wir ausführten, rechtfertigten
– und rette uns vor den Internationalen Gerichtshöfen.
Sei ein wirklicher Freund. Rette uns vor uns selbst. Tu es nicht für die Welt,
tu es für mich, damit ich Frieden habe. Du bist es mir schuldig. Ich glaube
zwar nicht an Gott – aber ich bete für dich.
Edna
Canetti, Israel
·
Praxis
der IDF: zwangsweise ein privates palästinensisches Haus vorübergehend aus taktischen Gründen zu besetzen (Übers.)
·
(Aus
dem Hebr. George Malent ;
aus dem Engl. Ellen Rohlfs)
http://www.kibush.co.il/show_file.asp?num=29844