‘Blut an ihren Händen’ ist
wahrscheinlich einer der erfolgreichsten
Slogans, den Israels Propagandamaschine erfunden hat. Er macht einen starken
und unmittelbaren Eindruck, visuell und emotional. Man vermutet einen brutalen
Mörder, der für den Rest seines Lebens ins Gefängnis gehört.
Er schließt eine weitere
gründlichere Untersuchung aus. Es ist nicht nötig, zu fragen, warum er solch
eine barbarische Tat begangen hat oder ob sein Opfer ihm gegenüber etwas falsch
gemacht hat. Es schließt auch jede Notwendigkeit von Verhandlungen mit ihm
oder mit denen, in deren Namen er handelte aus ( in
diesem Fall die Hamas oder andere palästinensische Gruppen. Es ist
offensichtlich, dass sie einfach kamen, um uns zu töten, weil wir Juden sind,
und weil es in ihren Genen liegt, Leute umzubringen. Ihnen fehlen vollkommen
die menschlichen Werte.
Uns war von Ehud Barak
erzählt worden, einem Mann, dessen Hände nie von Blut befleckt waren, die Araber könnten nicht zwischen richtig und
falsch unterscheiden, weil sie nicht aus der jüdisch-christlichen Tradition
kämen. Von einem anderen Ministerpräsidenten, von Menachim
Begin wurde uns erzählt, die Palästinenser seien zweibeinige Tiere.
Die Folge davon ist, dass
in allen Diskussionen der Medien, in denen es um den Gefangenenaustausch geht
(so wurden die Verhandlungen über die Rückkehr des gekidnappten Soldaten Gilad Shalit genannt, obwohl die
pal. Gefangenen nicht POW (Kriegsgefangene) genannt werden). Die Worte ‚Blut an
ihren Händen’ wurden fast in jedem Satz wiederholt) .
In solch einer emotional aufgeladenen Atmosphäre ist wenig Platz für Logik.
Trotzdem sollte darauf hingewiesen werden, dass es der Mehrheit der
Israelis recht gewesen wäre, die 450
Gefangenen zu entlassen, um Shalit nach Hause zu
bringen)
Die reine Verurteilung von
Leuten als Kriminelle, die für ihre Unabhängigkeit kämpfen, war schon immer ein
Teil kolonialer Strategie . POW in Kriminelle mit Blut
an ihren Händen zu verwandeln, sagt uns mehr über den kolonialen Charakter
Israels als über die inhaftieren Gefangenen .
Koloniale Völker, die für
ihre Unabhängigkeit kämpfen, sind immer angeklagt worden, grausam und
mörderisch zu sein und so als „Terroristen“ gebrandmarkt worden. Ihre
kolonialen Herrscher können sie nicht als Soldaten anerkennen, denn wenn diese
Leute Soldaten wären, die für ihre Freiheit kämpfen, was wären dann sie selbst.
Wenn sie aber als Terroristen abgestempelt werden (und Terroristen haben keine
Rechte), dann haben ‚zivilisierte
europäische“ Soldaten die Erlaubnis, sie
wie Tiere zu behandeln.
(Hier wird ein langes Beispiel über die „blutdürstigen Mau Mau“ in
Kenia und ihren Aufstand gegen die
weißen Siedler gebracht. Der Schreiber dieser Zeilen erinnert sich wie in
der isr. und internat.
Presse die Brutalität der Kikuyu im Details
beschrieben wurde . Aber keiner erwähnte die brutale
Unterdrückung der Eingeborenen durch ihre britischen Herren …
Auch Nelson Mandela war
viele Jahre in Südafrika als Terrorist
im Gefängnis -- er wurde erst viel
später als ‚Freiheitskämpfer’ anerkannt
Wir in Israel müssen nun
auf die Entlassung aus dem Gefängnis von Marwan Barghouti
warten, den beliebtesten palästinensischen Führer von heute . Er wäre wohl
die beste Wahl für einen zukünftigen Präsidenten eines freien Palästinas. Er ist zu drei mal lebenslang verurteilt)
Die blutdurstigen Sklaven
in Virginia
Im August 1831, als die
Sklaverei in den USA noch die Norm waren, führte der
Sklave Nat Turner
mit 70 Gleichgesinnten einen Sklavenaufstand in Virginia. Es begann mit
dem Morden an den Weißen in der Stadt Southhampton
und die Opfer waren nicht nur Männer, sondern auch Frauen und Kinder.
Die Rebellion misslang.
Tausende Soldaten besiegten die kleine Rebellenarmee und Turner wurde gefangen
genommen und gehenkt. Nach diesem führte
die Armee ein Massaker durch und tötete jeden Sklaven, der nur unter dem
Verdacht stand, die Rebellion unterstützt zu haben.
Im selben Jahr erschien
die erste Nummer einer Zeitschrift ‚Der
Befreier’, die sich dafür einsetzte, dass bestimmte Gesetze abgeschafft
wurden. ‚Der Befreier“ wurde von William
Lloyd Garrison veröffentlich. Er schrieb:
„Über dieses Thema will
ich nicht mit Mäßigung nachdenken, sprechen oder schreiben. Nein, Nein! Sage
einem Mann, dessen Haus brennt, und gib ihm einen gemäßigten Alarm; sag
ihm, er solle seine Frau mit Mäßigung aus den Händen von Schändern retten; sage
einer Mutter, deren Kind ins Feuer gefallen ist, sie solle es nach und nach
herausziehen. Dränge mich nicht zu
Mäßigung in einem Fall wie dem gegenwärtigen, Mäßigung
anzuwenden. Es ist mir sehr ernst damit – ich will nicht - ich will nicht ausweichen – ich will nicht
entschuldigen – ich werde keinen Zoll zurückweichen – und ich werde gehört
werden.
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Der Haupttäter von ‚Blut
an den Händen’ ist immer der Kolonialherr selbst. Es gibt viele Unterschiede unter
den verschiedenen kolonialistischen-anti-kolonialistischen Kämpfen, aber allen gemeinsam ist die Dämonisierung des
Opfers, des Volkes, das versucht, die Ketten zu brechen, die es fesselt. Sie
werden immer als Mörder beschrieben, ihre Hände triefen von Blut. Sie werden
immer als wilde Monster beschrieben, als Tiere, als Kreaturen, deren Schöpfung
Gott später bedauert hat ( der frühere Oberrabbiner Ovadia Yoseph). Außerdem sind sie
– wie allseits bekannt – vollkommen irrational.
Kolonialisten auf der andern
Seite sind nach ihrer eigenen Wertschätzung
vernünftig und
rücksichtsvoll, die zugunsten der
einheimischen Bevölkerung arbeiten. Ihre
Ziele sind edel und ihre Herrschaft hat den zurück gebliebenen Völkern der Welt
nur Fortschritt und Zivilisation gebracht.
Während unseres Überfall auf den Gazastreifen vor kurzem war es für alle
ersichtlich, dass kein einziger Tropfen Blut an unsern Händen klebt. Das
Blut von 1330 ( 1436) Palästinensern, Männern, Frauen und Kindern
konnte jedoch an den Flügeln der Bomber, an den Turmgeschützen unserer Panzer
und an den Kanonenrohren festgestellt werden.
(Hebräisch/Englisch Chaya Amir; engl./dt. und gekürzt Ellen Rohlfs)