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Papst Franziskus betet an der Apartheidmauer in Bethlehem

Peter Beaumont,

Bethlehem, 25.5. 14

the guardian

Es ist ein Bild, das Papst Franziskus‘ ersten offiziellen Besuch im Heiligen Land definiert. Mit gebeugtem Kopf betend, der Führer der katholischen Kirche, drückt seine Handfläche gegen die von Graffitis beschriebene Wand – Israels „Trennungswand“. Ein palästinensisches Mädchen hält neben ihm eine palästinensische Fahne. Es war – wie seine Begleiter später zugaben, eine stille  Erklärung gegen ein Symbol der Trennung und des Konfliktes.

Die mächtige Geste wurde Minuten nach einem Appell an beide Seiten gemacht, den Konflikt zu beenden, der – wie der Papst sagte – „ immer unerträglicher“ wird.  Der nicht geplante, bemerkenswerte Halt auf halben Weg seines drei-Tage-Besuches im Heiligen Land -- auf dem Weg zu einer Messe auf dem Krippenplatz in Bethlehem – bestätigte Franziskus‘ Ruf für entschiedene Unabhängigkeit.

Dies macht auch die Einladung des palästinensischen Präsidenten Mahmood Abbas und des Präsidenten Shimon Peres deutlich, die er nach Rom einlädt, um mit ihm für den Frieden zu beten  --eine vorher nie gegebene päpstliche Einladung, um des abgewürgten Friedensprozesses  willen.

Auf dem Krippenplatz winkt er der Volksmenge zu (dazu ein Foto)

Die geplante Fahrt des Papstes ging entlang der Mauer, an Rahels Grab vorbei, außerhalb von Bethlehem. Seine Entscheidung, aus dem weißen und offenen Papamobil zu steigen und sich der Mauer zu nähern – nur wenige Tage, nachdem der Vatikan darauf bestand, sein Besuch würde nicht kontrovers sein – war eine Überraschung, am wenigstens für die Mitglieder seiner Begleitung.

Umgeben von palästinensischen Kindern folgten  sehr vorsichtig Fotografen und TV-Kameras als auch israelische Soldaten vom nahen  Beobachtungsturm…

Der Sprecher des Vatikans Pater Federico Lombardi sagte später: „Ich war nicht von seinem Plan informiert, dort zu halten. Er hatte es einen Tag vorher geplant. Es war eine sehr bedeutsame Art und Weise, seine Teilnahme am Leiden der Menschen zu demonstrieren. Es war ein tiefer geistlicher Moment vor dem Symbol der Teilung. Papst Franziskus berührt  die Mauer, die Israel von der Westbank teilt, und fährt dann weiter zur Messe auf den Krippenplatz.

Trotz Versuchen des Vatikans, darauf zu bestehen, dass der Besuch „rein religiös“ sein wird, ist er aufgeladen mit politischen Bedeutungen, da Papst Franziskus’ Ankunft in einem  Konvoy  militärisch jordanischer Helikopter von Amman ist. Während andere Päpste direkt nach Tel Aviv fliegen mochten, wollte Papst Franziskus nicht durch Israel auf palästinensisches Gebiet fahren. Er umging alle israelischen Grenzpunkte.

In einer sorgfältig formulierten Darlegung sprach er am Sonntag mit Abbas in Bethlehem: er sprach direkt vom „Staat Palästina“ und rief beide Seiten auf, all ihren Mut zusammen zu nehmen, um Frieden zu machen.

„Seit Jahrzehnten hat der Nahe Osten die tragische Konsequenz eines langwierigen Konfliktes, der so viele Wunden geschlagen hat, die so schwierig zu heilen sind,“ erklärte der Papst. „Die Situation ist immer unerträglicher geworden“.

Selbst wenn es keine Gewalt gibt und das Klima nicht stabil ist  und es einen Mangel an gegenseitigem Verstehen gibt,  hat Unsicherheit die Oberhand;  die Verletzung der Rechte, Isolierung und die Flucht von ganzen Gemeinschaften, Konflikten, Kürzungen und Leiden jeder Art.“

Franziskus geht von der Trennungsmauer zum Krippenplatz in Bethlehem, der mit Tausenden palästinensischer Christen vollgepackt war,  und auf ihn und die Messe warteten. Er betrat den Platz von der Kirche her. Das Volk jubelte  „Viva al-Baba“ oder „Lang lebe der Papst!“

Der Gottesdienst begann (ungewöhnlich) mit dem palästinensischen Lied: Mawatani – mein Heimatland –es sollte den palästinensischen Wunsch nach Unabhängigkeit ausdrücken. Die Stimmen der Sänger klangen über den Platz, der mit Bildern von Jesu Leiden  geschmückt war. Ein Fingerzeig auf das Leiden des palästinensischen Volkes. Hinter dem Altar, vom  dem aus Franziskus die Messe las, war ein großes Bild mit  dem Jesusbaby, das in eine Keffiye, das traditionelle Kopftuch der Araber, gewickelt war. Es ist ein Symbol des palästinensischen Nationalismus.

Franziskus aß mit fünf Familien in einem Gemeinschaftszentrum (beim Flüchtlingslager Dheishe) zu Mittag, bevor er von Bethlehem nach Tel Avivs Ben-Gurion Flughafen flog und dort offiziell von Peres in Israel begrüßt wurde.Dass er mit dem Hubschrauber flog , bedeutete das der Papst  nicht  über die Checkpoints und durch die Mauer fahren wollte, wie sein Vorgänger Papst Benedikt XVI es tat. Am Ben-Gurion hieß ihn Peres willkommen: „ Im Namen des jüdischen Volkes und im Namen aller Bewohner Israels, heiße ich Sie mit dem uralten Worten aus dem Psalm willkommen: „Willkommen im Namen des Herrn. Willkommen in den Toren Jerusalems.“

Auch hier wich er von seinem vorbereiteten Scriptum ab.  Er beklagte  den Angriff in einem jüdischen Museum in Brüssel am Samstag, der vier Tote kostete, die er als kriminellen Akt des antisemitischen Hasses bezeichnete. Er fügte hinzu: „Mit einem tief traurigen Herzen denke ich an jene, die ihre Lieben bei dem grausamen Angriff gestern im Museum verloren haben“.

 

Während der Papst noch das Holocaustdenkmal in Yad Yashem besuchte und einen Kranz an das Grab des Gründers des Zionismus, Theodor Herzl, legte, traf er noch  den ökumenischen Patriarchen Bartholomäus von Konstantinopel.

Franziskus will noch die heiligsten christliche Stätten in Jerusalem besuchen, einschließlich des Raumes, in dem Jesus angeblich das letzte Abendmahl feierte, auch die Grabeskirche. Und das inmitten einer Zeit der Auswanderung von palästinensischen Christen . Eine Untersuchung, die von Nah-Ost- Beratung durch geführt wurde und im April veröffentlicht wurde, fand heraus, dass 2/3 der palästinensischen Christen auswandern will.

Israels Behörden haben strenge Sicherheitsmaßnahmen während seines Besuches verhängt und setzten  extra 8000 Polizeioffiziere ein. Bewegungseinschränkungen in der ganzen Stadt ließ einige Christen sich beklagen, weil sie nun kaum Chancen hatten, den Papst zu sehen.

Einige der Sicherheitsleute sind durch den Plan des Papstes, im Abendmahlssaal (Cenaculum) die Messe zu lesen auch hier eingesetzt worden, was einige jüdisch-religiöse Hardliner ärgerte. Sie verehren den Ort, weil dort das Grab Davids liegen soll.

26 Leute wurden verhaftet, nachdem sie auf die Polizei dort Steine geworfen hatten. (dt. E.Rohlfs)