Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Nurit Peled-Elhanan,
23.März 2010
http://www.kibush.co.il/show_file.asp?num=39043
Im Gedenken an vier
palästinensische Kinder, die in dieser Woche getötet wurden.
Hier in Israel geht die
Behandlung palästinensischer Kinder schon lange nach dem Sprichwort
Nits
breed lice ?? ( Nisse brüten Läuse aus).
Einige sagen es offen, andere teilen diese Ansicht nur hinter vorgehaltener
Hand. Es vergeht kein Monat, in dem
nicht mehrere palästinensische
Kinder unter unklaren Vorwänden,
die keiner versteht, getötet
werden, bis ein schwedischer Journalist zu raten versucht und
all die großen Kanonen eingesetzt werden, um ihn zum Schweigen zu
bringen. Für den größten Teil bringen die Besatzungsbehörden es auch fertig, das
Alter der kleinen Opfer zu fälschen und ihnen kriminelle oder subversive
Absichten unterzulegen. Und wenn all dies nicht funktioniert,
entschuldigen sie sich wie Ping-pong-Spieler und sagen „Ups, tut mir
leid!“ Und auch dieses Mal sagten die tötenden Experten „ Vielleicht hätte man
damit anders umgehen sollen,“ vielleicht – in der Tat.
In Berichten der
israelischen Presse werden die palästinensischen Kinder
eine schreckliche Bedrohung für die schießenden Soldaten von oben oder
unten oder von vorne. Dabei müssen wir daran erinnern, dass die Soldaten vom
Scheitel bis zur Sohle wie Roboter
bewaffnet sind – in den Nachrichtenberichten werden sie aber wie
verlorengegangene Kinder beschrieben, die sich mit Terror auseinander setzen
müssen, mit Kindern in t-Shirts und einer Hacke auf dem Weg zur Arbeit in die
Felder. Oder die sich 10-jährigen Kindern mit Steinschleudern gegenübersehen;
brüllende Goliaths, die kleinen, agilen,
standhaften Davids gegenüberstehen, die stur darauf bestehen, weiter leben zu
wollen, trotz dem, was wir ihnen schon tausendmal
gesagt haben. Der Rauch über dem gemordeten und blutenden Gaza hat sich
noch nicht aufgelöst, da gehen sie schon wieder auf die Felder hinaus. Schon
wieder greifen sie an oder wollen
angreifen oder träumen davon anzugreifen oder machen Bewegungen, die wie
Angreifen aussehen, wenn sie eine
Mistgabel heben, um das Heu zu wenden. Oder sie irritieren unsere Soldaten
allein durch ihre Präsens. Unsere heroischen, erwachsenen verantwortlichen
Soldaten, die mit Angst erregenden Waffen auf den Straßen unserer Stadt
und auf jedem öffentlichen Platz herumlaufen, werden in Artikeln
beschrieben, als könnten sie nicht urteilen, als wären sie vom Terror
eingeschüchtert oder herzlos, gewissenlos, gefühllose Mörder, die nicht wissen,
wie sie sich erklären sollen …
Wie im Film Waltz with
Bashir, wie im Film To see
if I’m smiling wie in zahllosen
Zeugnissen traumatisierter Soldaten, die sich fragten, warum sie dorthin gesetzt
wurden. Sie stellten mich dorthin, also schoss ich, also bombardierte ich, also
„bestätigte“ ich, also brach ich Demos ab, also gehorchte ich, also
tötete ich. Weil ich Angst hatte, ich hatte sehr große Angst. Aus der Ferne
sahen sie aus, als hätten sie Steine, Schleudern, Mistgabeln oder
so etwas in der Hand; denn wie kann man mit diesem Helm, der Deine Augen
bedeckt, sehen? Aber ich bin nicht schuldig. Warum haben sie mich dorthin
gestellt???
Und die toten Kinder, deren
Blut die Felder tränkt; deren Blut aus den Erdschollen schreit. Deren
Todesschreie nicht von tausend Siedlungen zum Schweigen gebracht werden und um
deretwillen, kein Gebäude bewegt wird – im Gegenteil: es ist ziemlich sicher,
dass ihre Körper von großen Gebäuden für Siedler überbaut werden wird, die kaum
ihre Geschichte kennen, die aber über ihrem Blut
immer wieder singen und tanzen werden, um es zum Schweigen zu bringen.
Nur jene toten Kinder, die nun mit meiner Tochter im unterirdischen Königreich
zusammen sind, wissen, dass der Satan noch nicht
Rache für das Blut eines kleinen Kindes geschaffen hat. Nur sie wissen,
dass weder das Tanzen noch das Singen und das Marschieren mit den Fahnen, weder
die Panzer noch die Bulldozer und die rassistischen Gesetze, die jeden Tag
erscheinen, das Blut von unsern Händen wegwischen wird, das Blut der verbrannten
Kinder in T-Shirts, der mageren Kinder, fast verhungert, die jeden Morgen
aufstehen und für ihr tägliches
Brot nach Arbeit suchen, die nach ein wenig Würde Ausschau halten, ohne
aufzugeben. Das ist ihre Rache. Möge das Gedenken an sie gesegnet sein
(dt. Ellen Rohlfs)