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Israel, Januar 2010
Shimon Peres spricht nicht für uns
Wir schreiben diesen Brief
als israelische Bürger. Einige von uns gehören zur 2. und 3. Generation von
Holocaust Überlebenden. Wir sind alles Aktivisten, die sich für Frieden und
Gerechtigkeit für jeden in unserer unruhigen Region engagieren. Wir wollen
unsere Sorge über Deutschlands
Nahost-Politik zum Ausdruck bringen, die schädlich und unmoralisch ist. Unser
Appell hat auch den bevorstehenden Besuch des israelischen Präsidenten Shimon
Peres nach Deutschland in dieser Woche im Blick.
Sicherlich ist es
gerechtfertigt, Akte der Gewalt gegenüber unschuldigen israelischen Zivilisten
zu verurteilen, so ist es aber auch moralisch inakzeptabel, dass deutsche
Entscheidungsträger konsequent israelische Angriffe
auf unschuldige Zivilisten ignorieren oder sogar verteidigen, wobei deren
Zahl - meistens im Libanon und in
den besetzten Gebieten - sogar viel
höher liegt.
Außerdem sind wir über das
Klima der Angst in deutscher Politik besorgt, wenn moderate und wohl begründete
Kritik an schweren israelischen Menschenrechtsverletzungen mit McCarthy’schen
Methoden behandelt werden, wie z.B. die Angriffe gegen Heidemarie Wieczorek-Zeul
und Hermann Dierkes.
Wenn Präsident Shimon Peres
in Berlin landet, sollte eine ehrenhafte Person ihn nicht automatisch mit Lob
überschütten, sondern ihn höflich, doch bestimmt fragen, warum er ein Mitglied
oder ranghoher Propagandist israelischer Regierungen ist, die Streubomben,
Artilleriegranaten mit Flechettes,
Bomben mit weißem Phosphor in dichtbevölkerte zivile Gebiete im Gazastreifen und
Libanon abwirft, weitere Siedlungen in den besetzten Gebieten bauen lässt und
ein getrenntes Rechtssystem für die Siedler in den besetzten Gebieten und ihre
palästinensischen Nachbarn hat. Man kann ihn auch fragen, warum er die
Entführung und die schlechte Behandlung eines israelischen Bürgers in Rom
(Mordechai Vanunu, September 1986) zugelassen habe, was eine klare Verletzung
des Völkerrechts ist; und warum es für einen Staat im Nahen Osten akzeptabel
ist, nukleare Waffen zu haben, eine
Situation, die notwendigerweise ein gefährliches Rüstungswettrennen in diese
brisante Region bringt.
Man kann ihn auch fragen,
warum er als Ministerpräsident im April 1996 das Massenbombardement auf Dörfer
im südlichen Libanon genehmigte, das ausdrücklich dahin zielte, eine
Flüchtlingswelle in Richtung Beirut
zu verursachen.
Wir haben den Verdacht,
dass Herr Peres nicht gelernt hat, dass es illegal sei,
über eine zivile Bevölkerung tödbringende kollektive Strafen zu bringen.
Deutschland sollte aus dem
Holocaust und anderer von
Deutschland ausgegangener genozidaler
Politik eindeutig eine Lehre gezogen haben. Die wirkliche Lehre wäre
jene, dass jeder für die universalen Prinzipien der Menschenrechte stehen
sollte. Deshalb ist Deutschland moralisch nicht nur Juden gegenüber
verpflichtet, sondern auch gegenüber palästinensischen und libanesischen
Zivilisten. Präsident Shimon Peres, der
für zahlreiche schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist,
sollte nicht als Vertreter der Juden in aller Welt angesehen werden.
Tatsächlich spricht er nicht einmal für alle israelischen Juden. Wir
rufen die deutsche Regierung dazu auf, die von Shimon Peres und dem Staat Israel
begangenen schweren Menschenrechtsverletzungen, einschließlich jener vom
Goldstone-Bericht dokumentierten,
nicht zu ignorieren oder gar zu
rechtfertigen . Wir rufen die deutsche Regierung auch dazu auf, Israel nicht
weiter mit Waffen auszurüsten, die diese Menschenrechtsverletzungen
erst möglich machen.
Teilweise Liste der
Unterzeichner: Zohar Atai, Udi Aloni,
Ofra Ben-Artzi, Natalie Cohen,
Rachel Giora, Yoav Haas, Dr. Ronni
Hammermann (Aachener Friedenspreis 2008), Iris Hefets, Shir Hefer, Dr. David
Nir, Prof. Nurit Peled-Elhanan
(Sacharov-Preis 2001) , Mosche Perlstein, Gideon Spiro ( Überlebender der
Kristallnacht), Maya Wind, Tom Yuval ……
(dt. Ellen Rohlfs)