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Ellen
Rohlfs Offener Brief vom 31. Juli 2009
An
die fragwürdige Gruppe der Herren, die
die Rechtsanwältin Felicia Langer verleumden und diffamieren, nachdem sie zu Recht das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
erhalten hat.
Es
ist unglaublich, wie Sie mit einer ehrenhaften, untadeligen, für die
Menschenrechte engagierten Frau umgehen, die 23 Jahre lang in Israel als
Juristin nicht nur Erfahrungen mit der
israelischen Justiz sondern auch mit den
Praktiken der Besatzung gemacht hat und sich deshalb für unterdrückte,
diskriminierte, gefangene und gefolterte Palästinenser mit juristischen
Fachwissen, mit Menschlichkeit, der sich aus dem jüdischen Ethos und den
persönlichen Erfahrungen aus dem Holocaust nährte, einsetzte.
Was
wollen Sie denn mit dieser Kampagne, die einem Rufmord gleicht, erreichen?
Glauben
Sie wirklich, dass Sie damit Israel einen Dienst tun, dass Sie damit dem
jüdischen Volk helfen und den Antisemitismus bekämpfen? Sie erreichen damit genau das Gegenteil.
Machen
Sie doch endlich die Augen auf! Legen Sie die Scheuklappen ab! Befreien Sie
sich von den Klischees und dem Hass gegen Andersdenkende
Sie
scheinen nicht zu wissen oder wollen gar nicht wissen, was in Israel und in den
besetzten Gebieten, was im Gazastreifen
tatsächlich vor sich geht – leben Sie denn auf dem Mond?
Wenn
Sie davon wirklich etwas wüssten – es gibt genügend kritische Literatur ,und
ein Aufenthalt vor Ort, auch hinter der Mauer
wäre sinnvoll – und sie einen Funken Menschlichkeit hätten und
wirklich und tatsächlich um Israel
besorgt wären – wirklich honestly concerned wären– dann würden Sie sich in anderer Weise
engagieren, statt andere wegen ihres
verantwortungsbewussten Engagement versuchen, mundtot zu machen. Felicia Langer
ist nicht ihr erstes und einziges Opfer.
Anscheinend
ist Ihnen völlig entgangen, dass Israel mit seiner faschistischen Regierung,
nicht nur gegenüber dem palästinensischen Volk Verbrechen gegen die
Menschlichkeit – womöglich Schlimmeres -
begangen hat, sondern auf dem Weg ist, sich selbst zu zerstören und zwar
nach Michael Warschawski „im Höllentempo“. Und er ist
keineswegs allein mit dieser Aussage. Die Sorge um die Selbstvernichtung teilen
viele Israelis und Juden in aller Welt.
Felicia
Langer ist also nicht die einzige Jüdin, die die israelische Politik aus Sorge
um die Menschen, alle Menschen,
in Israel und den palästinensischen Gebieten kritisiert. Sie befindet
sich in guter Gesellschaft. Z.B in der der Menschenrechtsgruppen in Israel,
die seit langem die
selbst-zerstörerischen Elemente in der israelischen Politik erkannt haben, wie
die Physicians for Human Rights ( Dr. Ruchama Marton), die
Rabbis for Human Rights
(Arik Asherman), B’tselem,
Public Committee against Torture, Machsom Watch (Ronni Hamerman), Yesh Din, ICAHD ( Jeff Halper) , Gush Shalom (Uri Avnery), New Profile ( Rela Mazali), Bat Shalom (Gila Swirski), Anarchisten gegen die Mauer, Yesh Gvul, Kämpfer für den Frieden, Refusenics, Breaking the Silence, das Alternative Information Center, ACRI,
ICCR, ILHCR, Ta’ajush, Women in Black ( Paula Abrams Hourani), WOFPP (Hava Keller) und eine Reihe von Einzelpersönlichkeiten, die zum Teil schon
gestorben sind wie Erich Fried, Arna Mer-Khanis, Haifa, Simcha Flapan, Jehoshua Leibowitz, Alisa Fuss, Berlin, Israel Shahak,
Yehudi Menuhin, Tanya Reinhart, Victoria Buch, Baruch Kimmerling, Hans und Toska
Lebrecht, …
Und
Nurit Peled-Elhanan, Debora
Reich, Susan Nathan, Tikva Parnass, Jeremy Milgrom, Yossi Sarid, Avi Shlaim und Daniel Barenboim, Noam Chomsky, Amos Gvirtz, Reuven Moskowitz, Ronni Kasril, SA, Neve Gordon, Yitzak Laor, Ezra Nawai, Hajo Meier,
Evelyn Hecht-Galinski, John Rose, Henry Siegman, Ran HaCohen, Alfred Grosser, Tony Juds, Brian Klug, Richard Falk, Abraham
Melzer, Rolf Verleger und viele andere
Und
die Gruppen „European Jews for a Just Peace“, „Die jüdische Stimme“, „Not in my
Name“ , Tikkun mit Rabbi
Lerner (USA), „Jewish Voice for
Peace“, Reut Sadaka, ….
Die
Journalisten Gideon Levy, Amira Hass und Akiva Eldar,
B. Michael, die Historiker Ilan Pappe, Idith Zertal, Adi Ophir, Norman Finkelstein, Yakov
Rabkin, Michael Neuman, Uri
Davis, Shulamit Alonis,
Sara Roy, Abraham Burg, Hagar Matar, -
und weltweit mehr als 7000 andere ( die ein
Rechtsradikaler in eine Liste gesetzt hat.)
Sollen
diese jüdischen Kritiker der israelischen Politik alle Antisemiten oder
Selbsthasser sein ? Das ist doch lächerlich. Sie
verhalten sich gegenüber Israel als denkende Menschen mit Gewissen, die aus dem
Holocaust die richtige Lehre gezogen haben, ohne ihn zu instrumentalisieren –
genau wie Felicia Langer – nur dass ihre Stimmen bei uns kaum oder selten zu hören - aber im Internet nachzulesen sind.
Nachdem die Bundeskanzlerin in der Knesset eine
zionistische Rede gehalten hatte, schrieb Dr.Margalit
(ICAHD, Meretz) am 2,.4.08
einen offenen Brief an sie: „Der wirkliche Antisemit ist der, der angesichts
der Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten schweigt!“
Gehen
Sie in sich und denken Sie mit Hilfe von Warschawskis
Buch darüber nach, wie Sie helfen
können, Israel vom Weg der Selbstzerstörung abzubringen – und helfen Sie der
jüdischen Ethik eines Martin Buber wieder zu ihrem Recht, damit Israel
vielleicht doch einmal „Licht unter den Völkern“ genannt werden kann. Dann
hätten Sie viel zum Frieden in der
Region beigetragen – Bis jetzt haben Sie nur Unfrieden und Hass verbreitet.
Und
entschuldigen Sie sich bei Frau Langer für Ihre unsäglichen, abscheulichen
Verleumdungen und Falschaussagen --- Sie
hat für die Menschlichkeit und das Judentum auf jeden Fall mehr getan als Sie
alle mit einander.
In
der Hoffnung, dass dieser offene Brief zu einem Ende dieser äußerst
unerfreulichen Diskussion führt und manchem die Augen für die grausame Realität
in Nahost öffnet und ein Umdenken
initiiert
verabschiede
ich mich von Ihnen
Ellen
Rohlfs,
Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, Mitglied
von Gush Shalom, Übersetzerin von u.a.Uri Avnerys wöchentlichen Artikeln und seit 45 Jahren mit dem Nahostkonflikt im
Kontext der europäischen Geschichte befasst --- eben weil dieser mit unserer,
obszönen deutschen Geschichte zu tun
hat.