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Die große haredische Rebellion wütet an mehreren Fronten

 

Yossi Sarid, Haaretz, 17.6.2010

 

 

Vor vielen Jahren  hing der Kulturkrieg wie ein dunkle Wolke der Bedrohung über uns.

Nun ist es passiert, der Krieg ist ausgebrochen. Die große haredische Rebellion hat begonnen und wütet an mehreren Fronten – in Jerusalem, Ashkalon, in Jaffa, Immanuel, Beer Sheva – und kein Platz ist sicher. Die ultra-orthodoxe Öffentlichkeit, die immer unsere Bäume abgesägt hat, reißt sie nun aus. Sie will Grundwerte zerstören, ohne die ein demokratischer, fortschrittlicher Staat nicht existieren kann. Er wird verloren sein, wenn er nicht zurückkämpft.

Dies war erwartet worden, trotz unserer Versuche dies zu ignorieren und zu leugnen. Dies geschieht, wenn es kein Abkommen gibt über die Quelle der Autorität. Ihre Quelle ist der tote Buchstabe der Halacha  - jedem Rabbiner seine eigene; während unsere Quelle der lebendige Brunnen ist, der durch die Regierung, das Gericht und die Knesset fließt – durch die Demokratie autorisierte, gewählte Institutionen.

So haben sogar Verhandlungen wenig Chancen auf Erfolg. Bis jetzt sind alle Versuche gescheitert, nicht nur über archäologische Ausgrabungen. Es ist so, als ob der Taube mit dem Blinden redet – sie sind die Tauben, wir sind die Blinden, die sich weigern, die Realität zu sehen, so wie sie ist und wohin sie geht.

Keine Verhandlung oder Abkommen ist mit Leuten möglich, die keinen Gott haben, aber ihren Vater im Himmel und seinen Vertreter auf Erden; deren Herrscher Gott der Allmächtige ist und sie  seine  selbsterwählten Sprecher sind. Auch wir haben einen Gott, aber er ist auf Erden in unserm Herzen und Gewissen. Auch wir haben einen Souverän – die Leute und ihre gewählten, wenn auch nicht gesalbten Vertreter.

 

Die Haredim haben aus einem offensichtlichen Grund eine Rebellion erklärt. Sie wissen, dass sie eine gute Chance haben zu gewinnen. In jedem anderen Land gehorchen sie der Staatshoheit. Nur hier im Staat ordnen sie sich nicht ein – sie sind das Gesetz.

Diese Kalamität haben wir mit eigenen Händen auf uns selbst gebracht, mit unserer Schwäche und unsern Konzessionen. Während jedes Land, das seinen Namen wert ist, sich darum bemüht Staat und Religion zu trennen, hier sind sie mit einander vermischt, wälzen sich im selben Schlamm und werden beide schmutzig.

Nur in Israel sind sie solche Helden. Überall sonst sind sie unterwürfig und lammfromm. Es würde ihnen nicht einfallen, einen Richter in den USA zu verfluchen oder einen Polizisten in Europa anzugreifen.

Die Haredim von Zion und Jerusalem erkennen den zionistischen Staat nicht an, doch essen sie von seinem Tisch. Sie werfen jeden Eimer um, wollen aber die Milch nicht aufgeben. Der jüdische Staat seinerseits gibt den demokratischen Teil seiner Definition ab.

 

Die Wände zittern und die Verantwortlichen des Staates halten den Mund. Bis zu diesem Augenblick haben wir noch kein einziges offizielles Wort gehört. Nichts über  ein Stoppen der Diskriminierung zwischen säkularen und  haredischen Studenten oder  der Diskriminierung gegen sephardische Mädchen in Haredi-Schulen. Nichts über ein Unterdrücken gewalttätiger Demonstrationen von Ketzerei  gegen die Regeln des Gesetzes.

 

Dies ist ein Krieg, der uns aufgezwungen worden ist, ein Krieg, bei dem wir es uns nicht leisten können, ihn zu verlieren. Die rebellischen Haredim müssen auf ihren Platz verwiesen werden, damit wir auch einen Platz zum Leben haben.                       (dt. Ellen Rohlfs)