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Tel Aviv 2012 – Berlin 1938,  

 Richard Silverstein,    Tikum Olam,   23. Mai 2012

http://www.richardsilverstein.com

 

Heute rückte Israel wieder näher an das Nazi-Deutschland von 1938 heran. In Berlin gingen  damals die Nazis durch die Straßen und terrorisierten die Juden, warfen Fenster ein, verbrannten Bücher und Synagogen.  Heute terrorisieren in Tel Avivs armem Hatikva Stadtteil die Creme della Creme, Israels politische „Übermenschen“, Kahanisten wie Michael Ben Ari, Itamar Ben Gvir und Baruch Marzel Fremdarbeiter, die dort leben  mit Massengewalt und mit nichts weniger als einem Art Pogrom.

Hunderte Demonstranten versammelten sich in Hatikva …um die afrikanischen Fremdarbeiter rauszuwerfen. Einige Leute griffen Afrikaner an, die vorbeigingen. Andere schmissen Fenster  eines Ladens ein, in dem die Fremdarbeiter einkaufen und plünderten ihn.

Eine andere Gruppe von Demonstranten hielten ein Pendel-Taxi an und suchten unter den Passagieren nach Fremdarbeitern, während sie ans Fenster schlugen.

Die Menge schrie: „Das Volk will, dass die Sudanesen deportiert werden“  und „Infiltranten raus aus unserm Haus!“ Miri Regev, ein Likud-Knessetmitglied sagte, dass die Sudanesen ein „Krebsgeschwür an unserm Körper“ seien. 17 Demonstranten wurden fest genommen.

Die Demonstranten drückten ihre Wut gegen die Regierung aus, wie sie mit dem Problem der Asylsuchenden umgehen, besonders  Ministerpräsident Netanjahu. Einige Leute trugen Posters, um den Innenminister Eli Yishai zu unterstützen , der  Anfang der Woche zur Vertreibung der Asylsuchenden aufrief.

 

Die Demonstration wurde vom Knessetmitglied Michael Ben Ari von der Nationalen Unionspartei organisiert, zusammen mit dem extrem-rechten Aktivisten Itamar Ben Gvir und Baruch Marzel, der in Süd-Tel Aviv eine Stadtteil-Sicherheitsgruppe leitet.

 

Einer der Sprecher rief  zur Gründung einer  politischen Partei auf, die für die Vertreibung der Migranten kämpft. „Das ist kein Rassismus,“ behauptet er beharrlich.

Mein Freund, der israelische Journalist Haggai Matar, wurde auch angegriffen. Es hat ihn  mächtig  geschockt. Er setzt sich noch immer damit aus einander. Er schrieb inzwischen : Auf dem Weg zum Lynchen.

 

Wer sind diese Flüchtlinge?  Sie sind aus dem Südsudan, einer Nation, die noch immer in einem Bürgerkrieg steckt und  die schnell in  ein Chaos  rutscht, das von der zentralen sudanesischen Regierung  gewollt wird. Es ist die selbe Regierung, die für den Genozid in Dafur verantwortlich war. Flüchtlinge, Völkermord, ethnischer Hass, kommt  das einem nicht irgendwie bekannt vor?

 

Ein anderes Element dieses Pogroms, das man begreifen muss, ist das, was von dem extrem-rechten Judäo-Nazi-Flügel - Knessetmitgliedern der regierenden Likudpartei - initiiert wurde, und öffentlich Anerkennung findet. So arbeitet schleichender Faschismus. ….. Dann beginnen die Parteien der Mitte mit der radikalen Rechten zusammen zu arbeiten und  wandelt  es in etwas wirklich Hassenswertes und Hässliches. (….) Heute Nacht ist Tel Aviv- und durch Verbreitung ganz Israel –  wirklich etwas Hassenswertes und Hässliches geworden.

 

Wenn man sich die Stellungnahmen der „verantwortlichen“ Führer dieses Landes ansieht, dann sieht man sie, auf den Wagen ( des Hasses) aufspringen. Der Innenminister Ely Yishai ergeht sich in Schimpfreden gegen die schmutzigen Afrikaner. Der Generalstaatsanwalt sagt, er sei bereit, rechtliche Unterstützung für Massendeportationen zu geben. Der Ministerpräsident, der nie irgend welche Sympathien  für Unterdrückte – ob jüdisch oder nicht-jüdisch – empfindet, will diese armen Seelen innerhalb kürzester Zeit opfern, um eines politischen Vorteils willen.

Dies ist natürlich eine Reprise der extrem-rechten Neonazi-Botschaft vieler europäischer Parteien wie der englischen Defense League, Marie Le Pens National Front, etc. Es gibt Anders Breiviks Anti-Immigranten-Manifest wieder , das er geschrieben hatte , bevor er 77 norwegische  liberale Jugendliche erschossen hat. Ich vermute, es überrascht nicht, dass sich  eine solch vergiftete politische Bewegung auch in Israel entwickelt, das schließlich  gegen das selbe Gift, das europäische und amerikanische politische Körperschaften infiziert,  nicht immun ist. Aber was wirklich überrascht, ist, wie sehr dies an die historische Tragödie des Holocaust  erinnert, bzw. was diesem in den 30er-Jahren in Deutschland vorausging. Auch wir hatten unsere jüdischen Flüchtlinge, die verachtet wurden, als sie Zuflucht an unsern Küsten suchten. Die jüdische Geschichte ist voller Beispiele ähnlicher Verfolgung von Juden: durch die Kreuzfahrer, die Inquisition und verschiedene andere Vertreibungen.

 

Ich sage keinen Genozid an Fremdarbeitern in Israel voraus. Aber wenn man  an die jüdische Geschichte des letzten Jahrhunderts denkt, sollte man denken, dass Juden, einschließlich Israelis, sensibler sein würden, um nicht die Schrecken, die unsere Vorfahren durchmachten,  ( an andern) zu wiederholen.

 

Um fair zu sein: es gab ähnlich scheußliche Hassmanifestationen, einschließlich Vertreibungen, in Nigeria, Gabun, Angola und anderen. Aber wir Juden haben dieses  Schicksal an uns selbst erlebt. Dies nun gegen die Schwachen und  Verletzlichen in Tel Aviv zu begehen, ist eine wahre Schande. Es geht mir nicht darum, zu versichern, dass Israel eine ähnliche Massenvertreibung seiner eigenen Immigranten plant, um das wütende Biest  israelischer Fremdenfeindlichkeit zu beruhigen.

Im Schatten der Besatzung und Israels brutaler Behandlung der Palästinenser, sind die Palästinenser die Nigger Israels. Wie die Palästinenser haben sie innerhalb Israels keinen legalen Status. Das macht sie „unsichtbar“, machtlos und sind denen ausgeliefert, die sie ausnützen wollen. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Gruppen ist, dass die Fremdarbeiter sich innerhalb Israels politischer Körperschaft befinden, während es Israel gelungen ist, die Palästinenser ( seiner Meinung nach) außerhalb seiner politischen Körperschaft zu halten.

 

(dt. und etwas gekürzt:  Ellen Rohlfs )