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Israel ist der größte Feind des Zionismus geworden

 

Von Zeev Smilansky,

 

26.12 13   

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Ich boykottiere die jüdischen Siedlungen in der Westbank. Ich überschreite die Grüne Linie nicht und kaufe keine Produkte  der Siedlung Elkana in der Westbank. Ich arbeite nicht zusammen mit den Dozenten, die mit der Ariel-Universität verbunden sind.

Und ich rede nicht nur mit mir selbst. Die Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung leben alle innerhalb der Grünen Linie und betrachten alles, das sich  jenseits abspielt, als eine unheilbare Krankheit.

Es war nicht immer so. Wir besuchten in der Vergangenheit gern die Westbank, aber nun nicht mehr. Heute ist dieses Land eines moralischer Verdorbenheit, ein Fleck auf der Vorgeschichte der Familie, ein historischer Schandfleck. In der Westbank ist Israel ein Apartheidstaat geworden, wo unsere Kinder in unserm Namen Kriegsverbrechen ausführen, wo das Konzept des Bevölkerungstransfers zur Realität geworden ist; wo (  mit einer ekelerregenden Wendung der Geschichte)  die Juden zu einer Herrenrasse geworden sind, die auf  einem hochmütigen und gut beschützten Sockel steht, während die anderen – die Palästinenser – keine Rechte haben und keine Identität, auf den jeder Soldat, jeder vom Shin Bet Sicherheitsdienst herum trampeln kann , tatsächlich jeder  mit einer blauen Identitätskarte.

Wann immer Juden  sich auf den Weg physischer Gewalt begeben haben, hat es  unveränderlich in einer unvergesslichen Katastrophe geendet. Eine der berühmtesten dieser Katastrophen war der Bar Kochba-Aufstand, der von Rabbi Akiva ermutigt und unterstützt wurde, und der zur fast vollständigen Zerstörung unseres Volkes  geführt hat. In andern Zeiten entwickelten die Juden viele verschiedene und raffinierte Programme, die uns befähigten  als Schwächlinge unter den Mächtigen zu überleben: Studium, Aufklärung, Geduld, ein Verständnis für die mächtigen Kräfte um uns und die Entwicklung der Fähigkeit  inmitten dieser Kräfte zu manövrieren und zu überleben.

In der Zeit der Aufklärung waren die Juden in der Lage, auf diesen Grundlagen aufzubauen und  in der Wissenschaft, der Medizin, Literatur, Musik, politischen und wirtschaftlichen Wissenschaften , in der Justiz und im Handel  sich auszuzeichnen. Da gab es eine Menge  Mittel in der jüdischen  Toolbox – aber die Anwendung von Gewalt war nicht darin.

Heute ist die Situation anders. Die Toolbox ist leer;  keine Weisheit mehr, keine Geduld, keine Mäßigung und die Gewitztheit.  Was jedoch übrig blieb, ist  die primitive, brutale Macht, die einen Ausweg sucht. Der 6-Tage-Krieg im Juni 1967 war die größte Katastrophe, die über den Staat Israel gekommen ist, weil sie die Israelis dahin brachte, zu glauben, dass die physische Kraft die einzige Linse ist, durch die die Welt gesehen werden sollte. Die Verbindung, gleichzeitig ein  Tyrann und ein Opfer zu sein, wurde Israels Handelsmarke und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist die Speerspitze.

Für die Regierung und anscheinend für die Mehrheit der israelischen Bevölkerung, die sie passiv unterstützt, ist humane Freundlichkeit kein Teil der jüdischen Toolbox.

Ähnlich ist es mit dem berühmten  Sprichwort, das von dem großen jüdischen Weisen Hillel stammt, der vor 2000 Jahren lebte: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu!“ Dies scheint auch kein Teil der Infrastruktur des Staates Israel zu sein. Was sollte man tun, wenn einem klar wird, dass dein Land, deine Heimat, dein geliebtes Land ein  furchterregendes, krank machendes  Monster geworden ist, dass es zu einem jener Staaten wurde, das dich dankbar werden lässt,  nicht einer seiner Bürger zu sein –  Bosnien, Somalia, Birma und Ruanda mit all ihren Kriegsverbrechen, ethnischen Säuberungen und Rassentrennung?

Über die Jahre habe ich mir die totale Identifizierung mit dem Staat Israel abgewöhnt. Als mein ältester Sohn 18 Jahre alt wurde, wurde mir schmerzlich bewusst, dass er in die IDF eingezogen wird. Ein paar Jahre später, als mein Jüngster dies Alter erreicht hatte, eingezogen zu werden, versuchte ich sehr, nicht für ihn zu entscheiden. Heute bin ich mir nicht sicher, welchen Rat ich einem 18-Jährigen Israeli geben würde, der an der Schwelle steht, eingezogen zu werden.

Ich gehöre nicht zu den  wenigen verrückten Linken die die Araber unterstützen. Ich liebe Juden, Ich liebe Zionisten, ich liebe mein Land, das Land Israel. Als Jude wünsche ich mir Israel als Modellstaat, ein Licht unter den Völkern; ein Zentrum für Wissenschaften, Kultur, wirtschaftliche Aktivität, Medizin, Gerechtigkeit, Gleichheit und Moral. Ist dies eine unrealistische Hoffnung?

Israel ist zu einem Paria-Staat geworden, der von andern mit Abscheu angesehen wird;  ein Staat, der systematisch das zionistische Projekt sabotiert und ihn in eine andere flüchtige  und traurige  Episode der düsteren Geschichte des jüdischen Volkes führt.

Ich schlage vor, dass wir – außer der Sprache der Gewalt -- eine andere Sprache lernen. Ich beginne, holländisch zu lernen.

Der Autor ist der Besitzer des Meishar –Weinkellerei im Moshav 3 Meishar in der südlichen Küstenebene nahe Gadera

Dt. Ellen Rohlfs