Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Biberman& Co
Uri Avnery, 28.3.09
IST DIES die Regierung von Biberman (Bibi
Netanyahu und Avigdor Liberman)
oder vielleicht von Bibarak (Bibi und Ehud Barak) ?
Weder noch. Es ist die Regierung von Bibiyahu.
Binyamin Netanyahu hat
bewiesen, dass er ein unübertrefflicher
Politiker ist. Er hat den Traum eines jeden Politikers (und Theaterbesuchers)
realisiert: einen guten Platz in der Mitte. In seiner neuen Regierung kann er
die Faschisten im rechten Flügel gegen die Sozialisten im linken Flügel
ausspielen, Libermans Säkulare gegen die Orthodoxen
von Shas.. Eine ideale
Situation.
Die Koalition ist groß genug, um
immun gegen Erpressung einer
ihrer beteiligten Parteien zu sein. Wenn
einige Labormitglieder die Koalitionsdisziplin brechen werden, wird Netanyahu
immer noch über die Mehrheit
kommandieren. Oder wenn die Rechten
Probleme machen. Oder wenn ihm die Orthodoxen ein Messer in den Rücken
stechen.
Die Regierung hat sich auf nichts festgelegt. Seine schriftlich
festgelegten „Grundsätzlichen Leitlinien“ – ein Dokument, das von allen
Partnern einer neuen Regierung unterschrieben wird - sind vollkommen nebulös. (Abgesehen davon
sind Grundsätzliche Leitlinien wertlos. Alle israelischen Regierungen haben
ihre angenommenen Grundsätzlichen
Leitlinien, ohne mit der Wimper zu zucken, gebrochen. Sie erweisen sich immer als ungedeckte
Schecks).
All dies wurde von Netanyahu auf die billige Tour erworben – ein paar
Milliarden wirtschaftlicher Versprechen, die er nicht im Traume zu erfüllen
denkt. Die Staatskasse ist leer. Einer seiner Vorgänger im Amt des
Ministerpräsidenten, Levy Eshkol, sagte
bekanntermaßen: „Ich versprach – aber ich habe nicht versprochen, meine
Versprechen zu halten.“
Er verschenkte auch Ministerien an alle und jedermann. Dieses kleine Land
wird jetzt 27 Minister und sechs stellvertretende Minister haben. Na, und? Wenn
nötig, würde Netanyahu jedem der 74
Mitglieder der Koalition einen
Ministersessel anbieten.
DER HÖHEPUNKT seiner Errungenschaft war die Erwerbung der Laborpartei für seine Regierung.
Mit einem Streich verwandelte er eine Regierung von Aussätzigen, die von
der ganzen Welt als ein verrückter Haufen von Ultra-Nationalisten, Rassisten
und Faschisten angesehen würde, in eine vernünftige und ausbalancierte
Regierung der Mitte. Und all dies ohne im geringsten
ihren Charakter zu verändern.
Der eifrigste Unterstützer dieser Meisterleistung war Liberman,
der neue Außenminister Israels. Dieser extreme Rassist, geistiger Bruder des französischen Jean-Marie
Le Pen und des österreichischen Jörg Haider ( ich
hoffe, dass sie – der Lebende und der Verstorbene – sich nicht beleidigt
fühlen) war sehr besorgt, was ihn erwarten würde. In seiner Phantasie sah er sich schon, wie er
seine Hände Hillary Clinton entgegenstreckt und
sein Arm in der Luft stehen bleibt; oder sich vorwärts beugt, um Angela
Merkel zu küssen , um zu sehen wie sie sich vor Schrecken zurückzieht. Sehr
unangenehm.
Das Hinzukommen der Laborpartei löst jedermanns Problem. Wenn
sich Sozialdemokraten der Regierung anschließen, dann muss all dieses Gerede
von Faschismus Unsinn sein. Offensichtlich ist Liberman
missverstanden und falsch dargestellt
worden. Er ist gar kein Faschist – Gott bewahre. Er ist auch kein
Rassist. Er ist nur ein traditioneller
rechter Demagoge, der die primitiven Emotionen der Massen ausnützt, um Stimmen
zu sammeln. Welcher gewählte Politiker
wird dem widerstehen können?
Tatsächlich ist der ganzen Regierung
von Ehud Barak ein Kosher-Zertifikat ausgestellt
worden. Er setzt die glorreiche Tradition der Arbeiterpartei von politischer
Prostitution fort. 1977 schloss sich Moshe Dayan der neuen Regierung von
Menachem Begin an und gab ihr so ein Kosher-Zertifikat,
als die ganze Welt Begin für einen gefährlichen nationalistischen Abenteurer
hielt. 2001 schloss sich Shimon Peres der neuen Regierung von Ariel Sharon an
und gab ihm ein Kosher-Zertifikat, als die ganze Welt
Sharon als den Mann ansah, der für die Massaker von Sabra
und Shatila verantwortlich war.
WARUM HAT Barak dies getan? Und
warum hat ihn die Mehrheit der Arbeiterpartei unterstützt?
Labor ist eine Regierungspartei. Sie ist niemals etwas anderes gewesen.
Schon 1933 übernahm sie die Führung der zionistischen Bewegung und seitdem hat
sie den Yishuv (die jüdische Gemeinschaft in
Palästina vor 1948) und den Staat ohne Unterbrechung beherrscht, bis Begin 1977 an die Macht kam. Vierundvierzig
auf einander folgende Jahre hatte sie unbegrenzte Macht über die Wirtschaft,
die Armee, die Polizei, die Sicherheitsdienste, das Bildungs- und
Gesundheitssystem und die Histadrut, die damals
allmächtige Arbeitergewerkschaft.
Macht ist ein Teil des DNA der Partei . Es ist viel mehr als nur eine politische Sache – es
ist ihr Charakter, ihre Mentalität, ihre Weltanschauung. Die Partei ist nicht
in der Lage, in der Opposition zu sein. Sie weiß nicht, was dies ist und noch
weniger weiß sie, etwas damit anzufangen.
Ich beobachtete die Mitglieder von Labor in der Knesset während der kurzen
Perioden, in denen sie in der
Opposition fest saßen. Sie waren
niedergeschlagen und jammerten. Dutzende von ihnen wanderten verloren in den
Korridoren herum, wie Phantome, verirrte Seelen. Wenn sie zum Rednerpult gingen,
klangen sie wie Regierungssprecher.
Der Likud leidet am gegenteiligen Syndrom. Ihre Vorgänger waren während der
Zeit des Yishuv und während der ersten neunundzwanzig
Jahre des Staates in der Opposition. Opposition liegt im Blut der Likudanhänger. Selbst jetzt nach vielen Jahren (mit Unterbrechungen) in der Regierung,
benehmen sie sich, als wären sie die Opposition. Sie sind die ewig Diskriminierten, Unglücklichen und
Verbitterten, Leute, die von außen reinschauen und voller Hass und Neid sind.
Ehud Barak symbolisiert das Syndrom seiner Partei. Alles ist sein Anrecht.
Die Macht ist sein Anrecht, das Verteidigungsministerium ist sein Anrecht. Ich
wäre nicht überrascht, wenn er auf einer Klausel im Koalitionsabkommen bestehen
würde, dass man ihn als Verteidigungsminister auf Lebenszeit ernennt (und
seinen Diener Shalom Simchon
als Landwirtschaftsminister auf Lebenszeit).
Regierungen kommen und
Regierungen gehen, aber Ehud Barak muss Verteidigungsminister bleiben –
ob die Regierung nun eine rechte oder
eine linke ist, eine faschistische oder kommunistische, eine atheistische oder
theokratische. Es ist gleichgültig, wie er seinen Job erledigt - seine Bewertung kann nichts weniger als
perfekt sein.
WAS WIRD diese Regierung also tun? Was kann sie tun?
So weit es die wichtigste Sache
betrifft, besteht völlige Uneinigkeit . Liberman, Netanyahu, Barak, Elli Yishai
von Shas und Danny Hershkovitz
von der Partei „Unser Jüdisches Haus“, sind sich völlig darin einig, was die
Palästinenser betrifft. Alle stimmen darin überein, die Errichtung eines
palästinensischen Staates zu verhindern. Alle stimmen darin überein, nicht mit
der Hamas zu reden. Alle unterstützen das Siedlungsunternehmen. Während Baraks
Amtszeit wuchsen die Siedlungen sogar schneller, als während der von Netanyahu.
Liberman ist selbst ein Siedler. Die Partei von Hershkovitz vertritt die Siedler. Alle sind davon
überzeugt, dass ein Friede nicht nötig ist, dass Frieden für uns schädlich sei.
(Es war schließlich Barak und nicht Netanyahu oder Liberman,
der den Satz prägte ‚Wir haben keinen Partner für Frieden’.)
Was wird also die wirkliche Plattform dieser Regierung sein?
In vier Worten: Täuschen für das Vaterland.
AUF DEM VON dieser Regierung gewählten Weg liegt ein riesiger Brocken: die USA.
Während Israel einen großen Sprung
nach rechts gemacht hat, machten die USA einen großen Sprung nach links. Man
kann sich kaum einen größeren Kontrast vorstellen als den zwischen Binyamin Netanyahu und Barack Obama. Oder zwischen den beiden Bara(c)ks - Barack Obama und Ehud Barak.
Netanyahu ist sich dieses Problems bewusst, vielleicht mehr als jede andere
israelische Führungsperson. Er wuchs in den USA auf, nachdem sein Vater, ein
Professor für Geschichte in Jerusalem zu der Überzeugung kam, dass ihm wegen
seiner rechts-extremen Einstellung sein
rechtmäßiger akademischer Platz verweigert würde, und zog in die USA. Dort
besuchte Binyamin das Gymnasium und die Universität.
Er spricht fließend das amerikanische Englisch eines Handelsreisenden.
Wenn es etwas gibt, das praktisch alle Israelis von rechts bis links eint,
dann ist es die Überzeugung, dass die Beziehungen zwischen Israel und den USA
für die Sicherheit des Staates lebenswichtig sind. Netanyahus Hauptsorge wird
es deshalb sein, einen ernsthaften Bruch zwischen den beiden Ländern zu
verhindern.
Barak wurde der Regierung genau deshalb hinzugefügt, um solch einen Clash zu vermeiden. Netanyahu wünscht mit Barak an seiner
Seite das Weiße Haus zu besuchen, nicht mit Liberman.
Der Clash scheint unvermeidlich. Obama möchte im
Nahen Osten eine neue Ordnung schaffen. Er weiß, dass der
israelisch-palästinensische Konflikt die Atmosphäre in der arabischen, ja in
der ganzen muslimischen Welt gegen Amerika vergiftet. Er möchte eine Lösung des
Konfliktes – genau das, was Netanyahu und seine Partner um jeden Preis
verhindern wollen, um jeden Preis - außer einem Bruch mit Amerika. .
Wie macht man das?
Die Lösung findet man bei den
Sprüchen (24,6) in der Bibel: „Denn mit List sollst du Krieg führen“.
(In der lutherischen Version wurde das hebräische Wort Tachbulot
als „Überlegung“ übersetzt. Im modernen Hebräisch bedeutet es List, Trick, -
und so wird es heute von den hebräisch Sprechenden verstanden.)
SEIT BEGINN des Zionismus haben
seine politischen Führer gewusst, dass ihre Vision ein großes Maß an
Tarnung benötigt. Es ist unmöglich, ein Land zu übernehmen, das von einem anderen Volk bewohnt ist, ohne dass
man das Ziel vertuscht, die Aufmerksamkeit ablenkt, seine Taten vor Ort hinter
einem Schirm blumiger Worte verbirgt.
Alle Staaten lügen natürlich. Vor 400 Jahren bemerkte ein britischer
Diplomat, Sir Henry Wotton: „Ein Botschafter ist ein ehrlicher Mann, der ins
Ausland geschickt wird, um für sein Land zu lügen.“ Wegen der besonderen
Umstände ihres Unterfangens müssen die Zionisten vielleicht ein bisschen mehr
als üblich Täuschungen anwenden.
Nun ist es die Aufgabe, der Welt und besonders den USA und Europa ein
falsches Bild vorzustellen, das vorgibt, unsere neue Regierung sehne sich nach
Frieden, arbeite für Frieden, ja, drehe tatsächlich jeden Stein um und suche
Frieden – während sie genau das Gegenteil tut. Die Welt wird von einer Flut von Erklärungen und
Versprechen überschwemmt werden, begleitet von einer Menge leerer Gesten,
Konferenzen und Treffen.
Leute mit guten Ohren hören schon jetzt, wie Netanyahu, Liberman
und Barak beginnen, mit der ‚Arabischen
Friedensinitiative’ herumzuspielen. Sie werden darüber reden, sie
interpretieren, sie angeblich annehmen, während sie Bedingungen stellen, die
sie jedes Inhaltes beraubt.
Der große Vorteil dieser Initiative ist, dass sie nicht von den
Palästinensern kommt und darum auch keine Verhandlungen mit den
Palästinensern erfordert. Wie die dahingeschiedene ‚Jordanische Option’ und
andere dieser Art dient sie als Ersatz für einen Dialog mit den Palästinensern.
Zur Arabischen Liga gehören zweiundzwanzig Regierungen; einige von ihnen
kooperieren heimlich mit der israelischen Führung. Man kann sich darauf
verlassen, dass sie über praktische
Sachen untereinander nie einig sein werden.
ABER TÄUSCHUNGEN benötigen wie beim
Tangotanz zwei: der eine der täuscht und der andere, der getäuscht werden will.
Netanyahu
glaubt, dass Obama getäuscht werden will. Warum
sollte er wünschen, sich mit Israel zu
streiten, sich mit der mächtigen Pro-Israel-Lobby und dem
US-Kongress anzulegen, wenn er sich
mit beruhigenden Worten aus Jerusalem zufrieden geben kann? Geschweige denn Europa, das geteilt und von Holocaustschuldgefühlen belastet ist, oder der pathetische Tony Blair,
der ruhelos umhergeistert.
Ist Obama bereit – wie die meisten seiner
Vorgänger – die Rolle des betrogenen Liebhabers zu spielen?
Die Biberman/ Bibarak/ Bibiyahu-Regierung glaubt, dass die Antwort ein schallendes
Ja ist.
Ich hoffe, dass es ein schallendes Nein sein wird.
(Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs, vom Verfasser autorisiert)
Für eine Handvoll Ministerien
Ist Ehud Barak & Co
Damit einverstanden
Als Feigenblatt
Für Netanyahus Regierung zu dienen.
Am selben Tag zeigte
Eine Meinungsumfrage,
dass die meisten amerikanischen Juden
deren Unterstützung sehr wichtig ist,
keine Feigenblätter mehr wünschen.
Sie wollen Präsident Obama unterstützen,
Wenn er rigoros
Der Besatzung ein Ende macht.
Gush Shalom
bittet um Schecks für seine Arbeit und die Inserate
Gush Shalom POB
3322 in Tel Aviv 63576 Israel
(dt. ER)