Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Rolf Verleger 24.05.2014
Liebe
Freunde,
viele von Euch / Ihnen werden es schon wissen, aber andere eben nicht, daher
schreibe ich hier:
1) DIE NACHRICHT
Auf einem ca. 1 Hektar (100 m x 100 m) großen Grundstück der Familie Nassar in
einem Tal bei Bethlehem haben am Montagmorgen (19. Mai) Bulldozer der
israelischen Besatzungsmacht hunderte dort vor zehn Jahren gepflanzte junge
Apfel- und Aprikosenbäume und Weinstöcke ausgerissen und planiert. Ein
juristischer Grund für diese Aktion bestand nicht.
2) WARUM?
Man fragt sich, warum der Staat Israel seinen Jüdischen Nationalfond überall
Bäume pflanzen lässt, aber zu anderer Gelegenheit die Bäume, die schon gepflanzt
sind, herausreißt.
Meine Antwort darauf steht unten.
3) SPITZE DES EISBERGS
Leider ist dies nicht der einzige derartige Vorfall, bei dem israelische Siedler
oder israelisches Militär den palästinensischen Bewohnern ihre Lebensgrundlagen
entziehen. Hier ist es aber so, dass zu den Besitzern dieses Landes der Familie
Nassar - insgesamt wohl 42 Hektar - Daoud Nassar gehört. Dieser hat in
Deutschland studiert und betreibt auf diesem Land seine Begegnungsstätte "Tent
of Nations".
Wohl daher berichtete der Deutschlandfunk darüber, bereits am 20.5.
4) MEHR INFORMATION:
Fotos "vorher-nachher" finden sich auf den englischsprachigen Seiten
http://mondoweiss.net/2014/05/bulldozers-fertile-planted.html
http://electronicintifada.net/blogs/ben-white/israeli-forces-destroy-1500-fruit-trees-near-bethlehem
Zumindest eine deutsche Zeitung hat ausführlicher berichtet, die Südwestpresse
(21.5.):
http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Dann-rollten-die-Bulldozer;art4306,2615631
5) DARUM.
Warum reißt Israel einerseits Bäume heraus und pflanzt andererseits welche?
Der gemeinsame Nenner ist: Beides sind Maßnahmen für das Ziel "Wie kriegen wir
am besten die Araber weg?".
Israels Regierung und die sie stützende Bevölkerungsmehrheit möchten keine
palästinensischen Bäume. Sie möchten nur jüdische Bäume.
So schrieb ein Ex-Knesset-Abgeordneter namens Yaakov Katz in einem Offenen Brief
vom 16.5.14 an den US-Diplomaten Martin Indyk als Reaktion auf das Scheitern der
von Kerry moderierten Verhandlungen:
"Ihnen gegenüber [den mit Recht und Gesetz argumentierenden Unterstützern des
Zionismus wie Indyk, R.V.] stand die Ansicht jener,
die begriffen,
dass keine Hoffnung darauf bestand, die Welten der Christen und Muslime ... von
der Berechtigung unserer Forderungen das Land betreffend zu
überzeugen. Entsprechend müssen wir uns darauf konzentrieren, durch unermüdliche
Landwirtschaftsarbeit, durch die Errichtung neuer Siedlungen in
isolierten und Randgebieten, durch den Aufbau einer Verteidigungskraft,
durch die Expansion der Industrie, durch Kreativität und
Bildungsinstitutionen wie Jeschiwot und Universitäten Fakten im Feld zu
schaffen."
(http://tachles.ch/news/rueckendeckung-fuer-siedler-pioniere-und-helden ;
Hervorhebungen von mir)
Errichtung
neuer Siedlungen, Fakten im Feld. Genau das ist das Programm. Auch für die
Bäume.
Der Witz an
diesem Zitat ist das, was ich weggelassen habe. Normale Menschen würden nämlich
annehmen: der Grund dafür, dass man niemanden von der Berechtigung der
israelischen Land-Wünsche überzeugen kann, ist, dass diese Wünsche eben nicht
berechtigt sind: keine Rechtsgrundlage haben.
Nicht so Herr
Katz, denn dann müsste man ja einige palästinensische Bäume stehen lassen. Das
Zitat lautet vollständig: "die Welten der Christen und Muslime angesichts des
sie dominierenden Hasses auf unser Volk und unsere Religion von der
Berechtigung unserer Forderungen das Land betreffend zu überzeugen".
Der Grund
dafür, palästinensische Bäume auszureißen, ist, dass sie die Israelis hassen!
Diese
Weltsicht ist in sich geschlossen, da kann man nicht mehr argumentieren.
6) WAS KANN MAN TUN?
a) Man kann
Daoud Nassar direkt schreiben: dnassar@tentofnations.org
b) Man kann
Petitionen an die israelische Regierung unterzeichnen:
c) Man kann
daran arbeiten, den Graben zuzuschütten, der in Deutschland die "außenpolitische
Elite" und die breite Öffentlichkeit trennt (so kürzlich treffend von
Außenminister Steinmeier bemerkt), auch und besonders im Palästinakonflikt. Das
bedeutet, dass wir es in Deutschland der "Elite" ein wenig schwieriger machen
sollten, den israelischen Landraub durch beschwichtigende Gesten weiter zu
decken; vielmehr sollte der internationale Druck auf Israel weiter erhöht
werden. Die EU-Förderrichtlinien (die die besetzten Gebiete ausdrücklich
ausnehmen) und die jüngste Aufhebung der Rabatte für Schiffsverkäufe an die
israelische Marine sind gute Ansätze, aber dies reicht offensichtlich leider
noch nicht.
Ziel
deutscher Politik sollte sein, dass Israel die Palästinenser wegen ihrer
Vertreibung und Enteignung 1948 um Verzeihung bittet und sein Verhalten
entsprechend ändert. Das können deutsche Politikerinnen und Diplomaten auch mal
so formulieren anstatt bis zum letzten Baum darauf zu warten, dass solche
Menschen wie Netanjahu oder der oben zitierte Katz von alleine zur Vernunft
kommen.
Mit besten
Grüßen
Rolf Verleger