Shraga Elam
Eine von Israel initiierte,
noch massivere Eskalation in Gaza steht kurz bevor und macht dringend schärfere
und effektivere Gegenmaßnahmen erforderlich.
Eine gewaltlose Aktion, die die Welt aufrütteln und schockieren kann,
ist das Tragen auf Massendemos, aber auch im Alltag, eines modifizierten gelben
Davidsterns, auf dem das Wort „Jude“ durch „Palästinenser“ ersetzt wird (s.
beiliegendes Beispiel - http://www.redress.btinternet.co.uk/selam13.htm oder
http://www.haefely.info/gesellschaft+politik_zwangsumsiedlungen-in-palaestina.htm).
Es wird damit auch an den
palästinensischen Erfolg bei der Sprengung der Mauer zur ägyptischen Grenzen
erinnert. Bei der israelischen Armeeführung gibt es ein „Horrorszenario“, wonach
mehrere tausend Palästinenser in Begleitung von israelischen und
internationalen Aktivisten gegen den Erez Checkpoint
oder einen sonstigen Grenzübergang aufmarschieren würden. Dieses Szenario heißt
entweder der „Hunger-Marsch“ oder der „Marsch der weißen Galabyyien“. Laut israelischen Berichten von 2003 und 2006
ist die Armee nicht für solche Eventualitäten gewappnet.
Der sogenannte
Judenstern, oder gelbe Davidstern, wurde von den Nazis ab September 1939 im besetzten Polen, ab
September 1941 auch im Deutschen Reich und in
weiteren, von der deutschen Armee besetzten Gebieten als Zwangskennzeichnung
für Juden
eingeführt. Diese öffentlich sichtbare Diskriminierung
bildete den Abschluss ihrer 1933 begonnenen sozialen Ausgrenzung und markierte
zugleich den Beginn der planmäßigen Deportationen in die Ghettos und Vernichtungslager in Osteuropa. Der
Judenstern war also ein wichtiger Schritt in der ethnischen Säuberung der
europäischen Juden, welche mit der industriellen Vernichtung in
Konzentrationslagern auf ihren schändlichen Abschluss zusteuerte..
Von 1933 bis 1938 bemühten
sich die Nazis um eine „freiwillige“ Auswanderung der Juden, die mithilfe der
steten Eskalation anti-jüdischer Maßnahmen
vorangetrieben werden sollte. Im Jahr 1938 wurde die Zwangsvertreibung
eingeführt und ab 1941/42 die physische Massenvernichtung.
Die heutige Situation in
Palästina weist in vielen entscheidenden Punkten und trotz einer Reihe von
Unterschieden starke strukturelle Ähnlichkeiten mit dem Übergang vom
„freiwilligen“ Transfer der Juden aus dem Dritten Reich zu derer
Zwangsvertreibung auf.
Es kann kaum Zweifel daran
bestehen, dass seit Ende September 2000 die israelische Militärführung die
Vollendung der 1948 begonnenen ethnischen Säuberung anstrebt. Es gibt
zahlreiche Indizien, wenn nicht sogar Belege, die eine solche Sicht der Dinge
nahe legen.
So wurde im Dezember 2007 im
israelischen Fernsehen ein
Dokumentar-Film über den Anfang der zweiten Intifada
ausgestrahlt („Eine Million Gewehrkugel in Oktober“). Dort kamen einige
israelische Entscheidungsträger und prominente Journalisten zum Wort. Das
vermittelte Bild war sehr stark. Nämlich, dass die israelische Armeeführung die
Eskalation initiierte bzw. vorantrieb und sämtliche Bemühungen um eine
politische Beilegung des Konfliktes sabotierte. Einige der Interviewten sprachen
von einem „stillen“ Putsch.
Ab September 2000 wurde
Schritt für Schritt der israelische Militärplan von 1996, die „Operation
Dornenfeld“, mit dessen Endziel, der Massenvertreibung der Palästinenser in die
Tat umgesetzt. Während die Kooperation seitens der politischen Führung Aufs und
Abs aufwies, wurde der Plan jedoch unbeirrt
durchgezogen; fürs Erste wurden an einer Zerstörung der palästinensischen
Strukturen gearbeitet, was angesichts der offensichtlichen israelischen
Abneigung gegenüber der Aussicht auf eine erneute, direkte Kontrolle der
Palästinenser wiederum nur die Massenvertreibung als Ziel erkennen lässt.
Zur Umsetzung dieser
Endabsicht braucht Israel jedoch grünes Licht aus Washington und die Billigung
zumindest einiger arabischer Staaten, was aber bis vor Kurzem
nicht erfolgte, so daß die eingetroffenen Reaktionen nur für ein
vorsichtigeres, schrittweise Vorgehen ausreichten. Es scheint aber, dass es
schon soweit ist und dass solches Vorhaben eigentlich der Hauptgrund für Bushs
Besuch im Nahen Osten war.
Am 30. Januar wird in Israel
ein für Olmert sehr ungünstiger Bericht über seine
Rolle in der in Israel als zweiter Libanonkrieg (2006) bezeichneten Operation
veröffentlicht. Olmert,
der seine Position als Ministerpräsident retten will, muss unbedingt von diesem
verheerenden Bericht (Winograd Report) ablenken und
in dieser Situation ist eine Zuspitzung der Lage in Gaza bitter nötig. Eine
mögliche Steigerung der israelischen Reaktion ist allerdings nicht in Gestalt
einer umfangreichen Bodenoperation in Gaza denkbar, da dies auch für die
israelische Seite mit hohen Verlusten verbunden sein könnte. Viel
wahrscheinlicher ist eine massive Bombardierung, in der Absicht, die
Palästinenser zu einer Massenflucht nach Ägypten zu bewegen. Eine unmittelbar
bevorstehende Großoperation einschließlich dieser Variante werden
offen in den israelischen Medien diskutiert und es sieht nicht so aus, als
handle es lediglich um Drohgebärden. Journalisten wurde schon über die
bevorstehende Operation samt ihrer Namen informiert und die israelische Armee
wurde in Alarmbereitschaft gesetzt. Die USA und europäische Länder zeigen
Verständnis für die israelische Position, so daß
man das grüne Licht schon bald am
Horizont aufleuchten sehen könnte.
Aber auch ohne diese Horrorvisionen
ist eine entschlossene und wirksame Gegenkampagne dringend nötig. Die Gelbesterne-Aktion
kann als ein erster Schritt den Auftakt zu einer Reihe von kreativen
Handlungen gesehen werden. Diese Aktion
kann sofort umgesetzt werden, dadurch, dass auf Demonstrationen, aber auch im
Alltag in Palästina und auch im Ausland dieses bedeutungsträchtige Symbol
getragen wird. So ist es z.B. möglich, in Berlin eine Kundgebung mit
Beteiligung auch jüdischer und anderer Prominenten zu organisieren und in einer
anschließenden Konferenz den Hintergrund der Aktion zu erläutern. Durch die
Information über der Situation in Palästina und der Schilderung des eskalatorischen Charakters
der anti-jüdischen NS-Politik wird der vorhandene Bezug sichtbar
gemacht, wobei sowohl die Ähnlichkeiten wie die Unterschiede zwischen der
Situation im NS-Deutschland der im heutigen Palästina thematisiert werden koennen.
Damit wird nicht nur gegen
die israelische ethnische Säuberung sondern auch gegen den Missbrauch des NS-Judeozids zur Rechtfertigung des israelischen Palästinozids
protestiert. Es wird damit darauf hingewiesen, dass die Nachkommen
der ehemaligen Opfer die heutigen Täter
sind, dass mit dem Staat Israel die falsche Lehre aus dem NS-Judeozid
gezogen wurde. Das Wort Jude in diesem Kontext bedeutet Opfersein und mit ihrer
Politik gegen die Palästinenser, aber auch gegen die jüdischen Nazi-Opfer
(damals und heute) beweist der zionistische Staat, dass er selbst anti-jüdisch
ist. Solcherart In-Bezug-Bringen der jüdischen und palästinensischen
historischen Kollektivschicksale kann zugleich auch zu einer überzeugenden
Friedensbotschaft gewendet werden.
Eine weitere mögliche
Aktion, die eine sofortige Wirkung zeigen könnte, bestünde in der
Veröffentlichung und Verteilung eines Aufrufes an die SoldatInnen
der israelischen Armee, Kriegsverbrechen zu verhindern; ein Appell der auf der
folgenden deutschen Internetwebsite veröffentlich wurde:
Vielleicht ist es kein
Zufall, dass der Aufruf gerade aus Deutschland kommt, denn der
Anti-Militarismus ist heute in diesem Land viel stärker, als in Israel.
Einerseits lässt diese Entwicklung hoffen, dass eine aggressive Gesellschaft
sich radikal ändern kann. Andrerseits können wir es uns nicht leisten, vierzig
bis sechzig Jahre darauf zu warten, bis solch ein Prozess auch in Israel
greift.
Der Appell weist darauf hin,
dass eine gewöhnliche Verweigerung nicht ausreicht und dass eine stärkere
Aktion erforderlich ist, die israelische Führung zu zwingen, den Weg des
Friedens zu verinnerlichen und ihn von ganzem Herzen zu suchen. Die
Verhinderung israelischer Aggressivität wird auf diese Weise ein deutliches
Friedenssignal aussenden. Ein Signal, das einen Prozess in Gang bringen kann,
der für alle Bewohner des Nahen Ostens mehr Sicherheit bedeutet.