Der
Holocaust und die israelische Besatzung können nicht mit einander verglichen
werden. ….
Gideon
Levy, Haaretz, 20.4.09
Es
ist nicht klar, wer damit angefangen hat. Vielleicht wir. Aba Eban, der
legendäre Labor-Außenminister nannte einmal die Grenzen, die nach dem
Sechs-Tage-Krieg gezogen wurden „Auschwitz-Grenzen“ – nicht weniger. Jahrzehnte später sagte Benyamin Netanyahu,
dass der iranische Präsident Mamoud Achmadinejad ein „moderner Hitler“ sei – nicht weniger.
Der
portugiesische Autor Jose Saramago war auch in der
Versuchung, einen Vergleich zu machen. Nachdem er 2002 die besetzten Gebiete besucht hatte,
sagte er, sie ähneln Auschwitz .
Das
Knessetmitglied Issam Makhoul
hob einmal über dem Knessetpodium seinen Arm und rief
„Heil Sharon!“
Von
rechts wie von links, in Israel und im Ausland werden immer mehr Vergleiche
gemacht.
All
diese Vergleiche sollten zurück gewiesen werden. Jeder der die Grenzen von 1967
mit Auschwitz vergleicht und den
iranischen Präsidenten mit Hitler, kann einen genau so wütend machen, wie die die IDF mit Nazis vergleichen.
Die
israelische Besatzung ist brutal und grausam. Das Israel von 2009 beginnt immer mehr, sich dem
Deutschland von 1930 zu nähern. Der Entmenschlichungsprozess, den die
Palästinenser durchmachen und der von den Medien gefördert und von der IDF ausgeführt
wird, bringt schreckliche Bilder ins Gedächtnis.
Jeder
der z.B. die Stacheldrahtzäune/ bzw die Mauern sieht,
die Qalkilia umgeben, kann nicht anders als an ein KZ denken. Ein KZ - kein
Vernichtungslager. Die Person, die Graffiti auf die Mauer schmiert und
Abu Dis ein Ghetto nennt, das von einer
8 Meter hohen Betonmauer umgeben ist, hat einen wirklichen Grund dafür.
Der
Rassismus, der gegenüber israelischen Arabern an den Tag gelegt wird, wo immer
sie sich befinden, sollte auch große Besorgnis erregen. Arabische Studenten
können in jüdischen Städten keine Wohnung
mieten, und ein Ladenbesitzer
eines Ramat-Aviv-Lebensmittelladen sagte, dass
die Bewohner eines gehobenen Stadtteils nicht wollen, dass ein Araber ihnen die
Lebensmittel bringt. Auch dies sollte Alarm schlagen.
Araber
werden von der israelischen Eisenbahn entlassen, vor allem wegen ihrer
ethnischen Zugehörigkeit, und andere kämpfen aus demselben Grund, in
Regierungspositionen zu kommen. Sogenannte Selektionen – ja das ist der Name dafür
– verhindert junge Araber daran, städtische Nachtklubs zu betreten.
Sicherheitskontrollen am Ben-Gurion-Flughafen trennen die Leute nach ihrer
Volkszugehörigkeit, und die Kontrollen verlaufen je nach dem Accent, den man
hat – das ist einfach unerträglich.
Da
gibt es nicht nur ein paar IDF-Orders und Knesset-Gesetze, die, wenn sie ins
Deutsche übersetzt würden, sicher Alarm schlagen würden. Die Anfrage von den
arabischen Bürgern einen Loyalitätstest zu fordern, würde auf Deutsch
schrecklich klingen. Auch die verbreiteten Behauptungen, dass Israels Probleme
gelöst werden könnten, wenn wir nur die Palästinenser hinter Zäunen und Grenzen
verbarrikadieren, ist genau so erschreckend.
Der
Terminus ‚demographische Bedrohung“ sollte der Holocaustgeneration und der
nachfolgenden Generation bekannt vorkommen, wie auch die Diskussion –
schändlich in seiner akzeptierten
Rechtmäßigkeit – wie man mit dieser angeblichen ‚Bedrohung“ umgeht.
Das
Staatsbürgerschaftsgesetz sollte – wie man auf Englisch sagt – einige Alarmglocken
läuten lassen.
(dt.
Ellen Rohlfs)