Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Andrea Pesee , 44, italienischer Bürger
Mondoweiss 3.2014
Seit 15Jahren
hab ich – (dank meines Jobs - ich
war Reiseagent)
die Chance, Israel und Palästina zu besuchen, weil ich auch an der
politischen Situation interessiert
bin. Ich reiste als normale Person –
ohne eine offizielle Rolle oder Mission.
Im letzten
Dezember war ich eine Woche lang in Israel und Palästina. Ich blieb immer in
einem Hotel in der Altstadt von Jerusalem und ging
einen Tag nach Bethlehem, einen anderen nach Ramallah und Nablus – immer
als Tourist. Während meines Besuches in Bethlehem hatte ich die Chance eine
Non-Profit-Organisation kennen zu lernen „Tent of Nations“, die einer
gewaltlosen Annäherung des
Konfliktes folgt. („Wir weigern uns, Feinde zu sein“)
Zwischen
Januar und Februar kontaktierte ich
die Mitarbeiter von Tent of Nations und plante im März als Freiwilliger dort
mitzumachen. Ich kaufte mir ein El-Al-Ticket von Venedig nach Tel Aviv und
zurück, Abreise am 18. März, zurück am 16. April.
Das ist der
Hintergrund meiner Geschichte; ich möchte noch dazu sagen, dass ich mich niemals
an irgendwelchen Veranstaltungen gegen Israel beteiligte oder etwas gegen Israel
geschrieben habe. Im Gegenteil: 1999 schrieb ich ein Buch, das ein italienischer
Verlag herausgab. Es befasste sich mit jüdischer Literatur… mit einem Nachwort
von Amos Luzatto (Präsident der Union der ital.-jüd. Gemeinden)
Am 18. März
war mein Abreisetag. Ich kam in Venedig-am Flughafen um 11 Uhr an, 3 Stunden vor
dem Abflug. Für diese Art von Flug sind immer israelische Sicherheitsleute da,
die die Passagiere interviewen … Ich wartete etwa eine Stunde, da zuerst die
israelischen Passagiere dran kamen. Dann kam ich mit andern
wartenden Italienern dran. Dann interviewte mich eine Frau – sehr
vorsichtig, aber mit einigen unglaublichen Fragen:
„Sie wollen einen Monat von
zu Hause weg sein, ist da ihre Tochter nicht traurig?“
Da steckt kein
Sicherheitsgrund hinter dieser Art von Fragen. Man wird auch nicht nervös, weil
man etwas zu verbergen hat. Es ist reine
Schikane, nichts mehr und nichts weniger.
Ich fragte:
„Warum stellen sie mir eine solch persönliche Frage?“
Sie schien
verstanden zu haben und entschuldigte sich.
Dann wurde mir
gesagt, dass man Gepäck durchsucht
werden müsse, und dass ich meinen Fotoapparat (der alten Art) nicht
mitnehmen darf. Sie kontrollierten
alles, machten sogar eine Leibesvisite.
Schließlich
sagten sie mir, dass mein Gepäck nicht mit mir in Tel Aviv sein wird. Ich
beklagte mich, weil ich seit zwei Stunden warten
und nicht verstehen würde, warum sie so lange warten. Am Ende ließen sie
mich mit meinem Gepäck fliegen
Während des
Fluges war ich glücklich, aber auch müde: schließlich war ja alles OK und
ich konnte meinen Urlaub beginnen, einen Monat Israel und Palästina
Ich konnte mir
nicht vorstellen, was am Ben Gurion Flughafen auf mich wartete.
Bei der
Passkontrolle wurde mir gesagt, ich solle in einer Ecke der Halle warten, neben
dem Passkontrollbüro. Mehrere Leute
standen schon dort. Nach einer Stunde war ich endlich dran. Es ging darum, was
ich in diesem Monat machen werde.
„Nichts Besonderes, ich werde
herumgehen.“ Dann musste ich noch eine halbe Stunde warten. Dann kam eine zweite
Person und fragte mich nach meinem Job, und was ich in Israel tun werde. Ich
wiederholte meine Antworten ….
Dann wieder
eine halbe Stunde Warten und ein 3. Interview mit andern Leuten, die dieselben
Fragen stellten, aber in härterer
Weise um mich einzuschüchtern und …
Sie
behaupteten, ich wäre ein Lügner,
weil ich nicht sagte, dass in Bethlehem jemand auf mich warten würde.
Und dass man die, die an der Grenze lügen, nicht ins Land ließe.
Zu diesem
Zeitpunkt war ich schon fast 12 Stunden unterwegs. Ich war verwirrt, müde und
hatte ein bisschen Angst. Aber ich hatte nichts zu verbergen und sagte:
„Kontrollieren sie, was sie wollen. Ich bin eine normale Person, tun sie, was
sie tun müssen“. An diesem Punkt war mir klar, dass sie meine Emails gelesen
hatten und alles im Voraus wussten.
Schließlich
war es fast 11.30. Ich wurde noch mal interviewt -
von Leuten aus dem Innenministerium und nach wenigen Minuten, sagten sie
mir, dass mir die Einreise verweigert werden würde, weil ich ein Lügner sei. Ich
begann zu weinen, doch mehr wegen des Stresses als wegen der letzten
Entscheidung der Zurückweisung, obwohl es hart für mich war, dass meine seit
Monaten geplante Reise zerschlagen war.
Sie begannen
zu lachen und sagten, wenn ich gleich zu Beginn gesagt hätte, dass ich einen
Freiwilligendienst machen wolle, dann hätten sie mich problemlos hineingelassen.
Aber da ich darüber gelogen hätte, wurde ich zurück gewiesen
Bis jetzt war
es hart aber nicht schrecklich.
Aber noch konnte ich mir nicht vorstellen, was mir noch bevor stand.
Ewa um 1 Uhr
brachten sie mich in einen andern Raum im Flughafen, wo mein Gepäck noch einmal
durchsucht wurde und noch mal Leibesvisite war. Dann nahmen sie mir mein leeres
Gepäck, weil sie sagten, dass es aus Sicherheitsgründen
beschlagnahmt sei. Sie gaben mir einen großen Plastiksack, in den ich
alles reinpackte. Der Reißverschluss war allerdings kaputt.
Dann brachte
man mich zurück in dieselbe Halle, wo ich an einer Stelle bleiben sollte.
Ich konnte nur
etwas Wasser trinken, weil mir ein anderer Tourist ein paar Münzen gab, um mir
eine Flasche Wasser aus einem Apparat zu holen. Die Sicherheitsleute gaben mir
nur ein Sandwich, weil ich darum gebeten hatte. Jede andere Bitte schlug man mir
ab. Ab jetzt war ich keine normale Person mehr.
Ab jetzt wurde ich als eine
Person zweiter Klasse angesehen. Ich möchte sagen, dass ich zum 1. Mal spürte,
was Rassismus ist.
Als sie
entschieden hatten, mich zurückzuschicken, kam das Problem wann und wie; denn
ein Flug nach Venedig geht nur einmal die Woche.
So sagte man mir, ich müsse, in einer anderen
Einrichtung
auf den Flug nach Italien warten.
Hier begann
mein Alptraum.
Diese
getrennte Einrichtung war
tatsächlich eine Art Gefängnis. Fünf Minuten mit dem Wagen
vom Flughafen entfernt, wurde ich in dieses
„Haus“ gebracht, das von einem stabilen Metallzaun umgeben war und mit
Stangen vor dem Fenster versehen war. Mir wurde gesagt, alle meine Sachen
müssten in diesem Raum bleiben, auch mein Handy. Nun war mir klar, dass ich
verhaftet war. Nicht einmal einen Kugelschreiber
konnte ich mit hinein nehmen. Es war eine Gefängniszelle. Nun – am 19.
März - begann eine neue
Lebenserfahrung: Verhaftet im Gefängnis.
Ich kann
meine Gefühle nicht genau ausdrücken. Vielleicht könnte ich sagen, ich
sei tief in ein total irrationales System gefallen, und um nicht ganz verrückt
zu werden, musste ich anfangen, vollständig anders zu denken. Das war aber nicht
einfach.
Das Gefängnis
hat schalldichte Türen. Man kann also um nichts bitten, nicht einmal schreien.
Man kann nur an die Tür schlagen. Vielleicht hört dies jemand. Man fühlt sich
vollkommen unsicher und man hat Angst, um etwas zu bitten, weil man weiß, sie
können alles mit einem tun. Ich kann nicht sagen, was ich die Nacht über dachte
und fühlte.
Um 7 Uhr war
ich wie zerstört. Ich bat sie dringend, mich nach Hause fliegen zu lassen … in
diesem Stadium wusste keiner, wo ich war –keiner. Ich war einfach verschwunden.
Um 9 Uhr wurde
mir erlaubt, die italienische Botschaft anzurufen.
Dort sagte. man mir, „wenn man erst mal an diesem Ort sei, könnten sie
nichts tun. Wer dort ist, existiert nicht für uns.
Sie drückte Sympathie für
mich aus und für das, was ich hier durchmache. Sie rief auch meine Frau in
Italien an; denn ich durfte es nicht direkt.
Dann kam ich
in ein anderes Gefängnis mit einer offenen Tür, aber ich konnte nicht
hinausgehen. Es ist schwierig zu erklären, aber ich hatte Angst, um etwas zu
bitten.
Um die
Mittagszeit gaben sie mir etwas zu essen. Ich bat um etwas Wasser – aber es kam
keines.
Nach 5 Uhr
öffneten sie die Tür, ließen mich meine Sachen nehmen – noch in dem Plastiksack
- fuhren mich zum Flugplatz und ließen
mich gehen. Mein Pass wurde mir von einem italienischen Offizier am Mailänder
Flughafen zurück gegeben.
Ich habe noch
zwei Fragen:
1.
Welchen Grund gibt es, mich
so zu hassen?
2.
Wenn ihr
mir das antun könnt, was tut ihr dann
den Palästinensern an?
(dt. und
ein wenig gekürzt: Ellen Rohlfs)