Referenz für Dr. Ghaleb Natour

 

Dr. Ghaleb Natour, Palästinenser aus dem Kernland Israels und seit 1979 als Physiker in Deutschland lebend, war Referent bei unserer Tagung „Quo vadis, Israel“ vom 27. bis 29.11.2009. Weitere Referenten waren Prof. Dr. Rolf Verleger aus Lübeck, Dr. Rupert Neudeck aus Troisdorf und Prof. Dr. Udo Steinbach aus Berlin.

Dr. Natour gab am Freitag Abend den Auftakt für diese ausgebuchte Veranstaltung, indem er – nach einem kurzen Abriss über die historische Entwicklung im palästinensischen Raum seit 1880 – die aktuelle Lebenssituation der arabischen Bevölkerung in Israel darstellte. Es wurde deutlich, dass diese sich seit der Gründung des Staates Israel immer weiter verschlechtert hat. Aus diesem Grund ist 1948, das Datum der israelischen Staatsgründung, aus palästinensischer Perspektive das Jahr der Katastrophe (=„Nakba“). „530 Dörfer wurden zerstört, stattdessen wurden 700 jüdische Siedlungen errichtet. Nicht nur eine Vertreibung, ein regelrechter Austausch der Bevölkerung fand statt“, so die bittere Bilanz von Natour, „die Flüchtlinge aus dieser Zeit und ihre Nachkommen existieren bis heute und gehören zum Kern des Nahostkonflikts.“

 

Die in Israel verbliebenen Palästinenser wurden von der arabischen Welt abgeschnitten und innerhalb des neugegründeten Staates als Staatsfeinde eingestuft. Diese feindliche Einstellung gegenüber der arabischen Bevölkerung trägt sich bis heute durch. Diese Tatsache erläuterte Natour an zahlreichen Beispielen alltäglicher Schikane und offener Diskriminierung gegenüber Arabern, obwohl Israel in seinem verfassungsrechtlichen Selbstverständnis „das einzige Land im Nahen Osten ist, in dem Juden und Araber gleichberechtigt zusammenleben.“ Dass die Realität anders aussieht, hat Natour an zahlreichen Beispielen belegt. Bemerkenswert ist an den Ausführungen Natours, dass er überwiegend israelische  Stimmen und Studien als Quellen anführt und damit zugleich die innere Zerrissenheit der israelischen Bevölkerung zeigt. Wenn man diese Stimmen hört, wird deutlich: Israel weiß, was es – lediglich mit dem Recht des Stärkeren – der arabischen Bevölkerung antut.

 

Es ist das besondere Verdienst von Natour, dass es ihm gelingt, die Spannung zwischen den israelischen und palästinensischen Interessen zu halten. Er stellt die traurigen Fakten seines Heimatlandes sachlich und ohne jede Anklage dar. Sie sprechen für sich. Natour ruft nicht zum Krieg gegen Israel auf. Er bejaht den Staat Israel trotz aller selbst erfahrenen Diskriminierung. Er sucht nach Wegen des Friedens zwischen beiden Parteien. Er lädt jüdische und arabische Jugendliche aus Israel zu einer Dialogwoche ein, „damit man konkrete Gesichter ‚der anderen Seite’ kennenlernt“. Er sammelt Spenden für die vernachlässigten palästinensischen Schulen, um diese mit den notwendigen Medien auszustatten, die ihnen von der öffentlichen Hand verwehrt werden. Mit seinen Vorträgen informiert Natour in Deutschland über die Lage in Israel und Palästina – und mahnt uns Deutsche damit, unsere Bundesregierung zu einer anderen Nahostpolitik zu drängen, damit nicht nur die Selbstmordattentate der Palästinenser gegeißelt, sondern auch die täglichen Menschenrechtsverletzungen Israels gegenüber den Arabern beim Namen genannt werden.

 

16.12.2009    für die Hegge: Dorothee Mann

 

 

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